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Karl Kardinal Lehmann

Brückenbauer in einer Zeit des Übergangs

Julius Kardinal Döpfner
zum Gedenken

Karl Kardinal Lehmann

Brückenbauer
in einer Zeit
des Übergangs

Julius Kardinal Döpfner
zum Gedenken

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Inhalt

Vorwort

Brückenbauer in einer Zeit des Übergangs

I.

Die Heimat

II.

Die Studienjahre in Rom und die Rückkehr

III.

Als Bischof in der Heimat

IV.

Vier wichtige Jahre in der Frontstadt Berlin

V.

Abschied von Berlin in schwieriger Stunde

VI.

Die Anfänge in München

VII.

Bedeutung für das Konzil

VIII.

Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

IX.

Präsident der Gemeinsamen Synode

X.

Ertrag für die Zeit und bleibender Segen

Hinweis auf Veröffentlichungen

Persönliches Nachwort

Vorwort

Das Bistum Würzburg und die Stadt Bad Kissingen haben zum 28./29. Juni 2013 unter dem Titel „In dieser Stunde der Kirche“ nach Bad Kissingen, der Geburtsstadt von Julius Kardinal Döpfner, aus Anlass des 100. Geburtstages am 26. August (1913–2013) eingeladen. Ausführend für den Festakt und die anschließende Wissenschaftliche Tagung waren die Katholische Akademie in Bayern (München), die Katholische Akademie Domschule Würzburg und das Stadtarchiv Bad Kissingen. Julius Döpfner ist in dem damaligen kleinen Dorf Hausen geboren, das heute ein Stadtteil von Bad Kissingen ist.

Ich bin gebeten worden, den Festvortrag zu übernehmen und habe ihm den Titel „Brückenbauer in einer Zeit des Übergangs“ gegeben. Meine persönliche Beziehung zu Julius Kardinal Döpfner habe ich im Nachwort zu skizzieren versucht.

Auf vielfachen Wunsch hin veröffentliche ich hier den mehrfach durchgesehenen und leicht erweiterten Text, der jedoch seinen ursprünglichen Charakter als Rede behalten sollte.

Ich danke Herrn Thomas Häußner vom Echter-Verlag und meinem Freund Generalvikar Prälat Dr. Karl Hillenbrand für die rasche Entscheidung, diese Laudatio rechtzeitig zum 100. Geburtstag von Kardinal Julius Döpfner als eigenes kleines Buch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Mainz, im Juli 2013

Karl Kardinal Lehmann

Bischof von Mainz

I. Die Heimat

Julius Kardinal Döpfner hing sehr an seiner unterfränkischen Heimat am Südrand der Rhön. Es fiel ihm immer schwer, von ihr getrennt zu sein. Er wollte nichts anderes als hier Pfarrer werden. Heute ist der Geburtsort Hausen ein Stadtteil von Bad Kissingen. Jetzt gedenkt seine Heimat des berühmten Sohnes und dankt ihm, dass er trotz seiner großen Anhänglichkeit an seine Heimat in die Fremde gegangen ist und so für unser Land sowie die Weltkirche viel erwirken konnte. Davon muss die Rede sein.1

Julius August Döpfner wurde am 26. August 1913 in dem kleinen Dorf Hausen als viertes von fünf Kindern geboren. Ein älterer Bruder mit dem Namen Julius ist bald nach der Geburt verstorben. So erhielt ein späterer Junge, wie es oft Brauch war, den Namen des Bruders. Es war eine harte Zeit. Krankheit, Krieg und Hungersnot bedrückten die Familie. Es war eine bitterböse Zeit für alle. Der Vater Matthäus Julius, Hausdiener in einem Hotel im Kurort Bad Kissingen, starb schon 1923 im Alter von 47 Jahren an den Folgen eines Kriegsleidens. Die von Julius stets verehrte Mutter Maria – sie war Putzfrau – starb im Jahr 1934. 1924 begann Julius Döpfner zuerst am Gymnasium der Augustiner in Männerstadt seine Gymnasialstudien, die er – nun im Bischöflichen Knabenseminar Kilianeum – ab 1925 am Neuen Gymnasium in Würzburg fortsetzte und dort 1933 mit dem besten Abitur seines Jahrgangs zum Abschluss brachte. Als das nationalsozialistische Regime aufgebaut wurde, begann Döpfner nach kurzem Anfang an der Würzburger Universität im Herbst 1933 das Studium der Philosophie und Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, wobei er Alumne des Päpstlichen Kollegs GermanicumHungaricum wurde.

Der Gedanke, Priester zu werden, reifte schon sehr früh. Er wurde in den oberen Klassen des Gymnasiums gestärkt durch die Auseinandersetzung mit den Fragen des Lebens aus der Sicht des Glaubens und mit der Geschichte. Entscheidende Anziehung war jedoch die Pfarrseelsorge mit einem sehr tüchtigen Seelsorger. „Ich habe als Kind erlebt, was die Kirche für den Menschen bedeutet, und zumal in den Krankheitstagen (des Vaters) gesehen, was ein eifriger, aus seiner Sendung heraus wirkender Priester dem Menschen geben kann.“ Die starke Mutter hinterließ mit ihrer ganz unsentimentalen, aber tief vertrauenden Frömmigkeit einen sehr starken Eindruck. Noch wenige Wochen vor Döpfners Tod sah er in einem Rundfunkgespräch Zusammenhänge zwischen der zweiten Station eines Kreuzwegs, der an seinem Elternhaus vorbei auf den Dorffriedhof führte, und der späteren Entscheidung für sein bischöfliches Leitwort „Wir predigen den Gekreuzigten“ (1 Kor 1,22). Es war auch der Primizspruch des späteren Wiener Kardinals Franz König, der auf den jüngeren Döpfner Eindruck machte. Döpfner bekannte sich gerne zu seiner Herkunft aus bescheidenen Verhältnissen seiner fränkischen Heimat, die er immer mehr liebte. Er behielt einen sehr anspruchslosen, keine Belastung scheuenden Lebensstil bei. Er konnte mit einfachen Menschen ebenso umgehen wie mit hochgestellten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und bewegte sich in der kleinsten Gemeinde ebenso ungezwungen und frei wie auf dem internationalen Parkett.

1 Vgl. besonders K. Forster, Julius Kardinal Döpfner (1913–1976), in: Ders., Glaube und Kirche im Dialog mit der Welt von heute I, Würzburg 1982, 663–683, auch in: J. Aretz, R. Morey, A. Rauscher (Hg.), Zeitgeschichte in Lebensbilder, Band 3, Mainz 1979, 260–279. K. Forsters Beitrag verdanke ich viele Anregungen. Dies gilt auch für die zahlreichen Veröffentlichungen von K. Wittstadt, vor allem: Julius Kardinal Döpfner und das Zweite Vatikanische Konzil. Zum zehnten Jahrestag seines Todes am 24. Juli 1986, Würzburg o. J. (1986); Julius Kardinal Döpfner 1913–1976, Würzburg 1996; Julius Kardinal Döpfner. Anwalt Gottes und der Menschen, München 2001. Vgl. als kurzen Überblick S. Mockry, Döpfner, in: M. Quisinsky/P. Walter (Hg.), Personenlexikon zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Freiburg i. Br. 2012, 94 f.; vgl. auch A. Landersdorfer, Döpfner, Julius, in: E. Gatz (Hg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1945–2001, Berlin 2002, 386–394 (Lit.). Zu den Veröffentlichungen J. Döpfners selbst vgl. die Literaturliste im Anhang dieses Textes.