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Johannes Hofmann
Zentrale Aspekte der
Alten Kirchengeschichte

Gesamtausgabe

Theologische
Lehr- und
Lernbücher

Herausgegeben
von Jürgen Bärsch,
Manfred Gerwing,
Johannes Hofmann
und Lothar Wehr

Johannes Hofmann

Zentrale Aspekte der
Alten Kirchengeschichte

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2013 Echter Verlag GmbH, Würzburg
www.echter-verlag.de

Umschlaggestaltung Peter Hellmund
Umschlagbild Mittelalterliche Darstellung Papst Gregors des Großen
© ÖNB Wien: Cod. 1845, fol. 75r

ISBN 978-3-429-04704-7 (PDF)
ISBN 978-3-429-06118-0 (ePub)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zu den Kapiteln 1 bis 6
Vorwort zu den Kapiteln 7 bis 9
Technische Hinweise zur Nutzung der eBook-Version
1. Die Anfänge der Kirche
1.1 Die Ausgangssituation
1.2 Das Urchristentum im Judentum
1.2.1 Die pluralistische Gestalt des Judentums und die ersten Christen
1.2.2 Sprachlich-kulturelle Gruppierungen im Urchristentum
1.3 Die Lösung der Kirche von der Synagoge
1.4 Anlass und Anfänge der frühchristlichen Mission
1.5 Die Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten
1.5.1 Palästina und Syrien
1.5.2 Ägypten
1.5.3 Griechenland und Kleinasien
1.5.4 Das westliche Nordafrika
1.5.5 Die westlichen Provinzen des Römischen Reichs
1.5.6 Rom und Italien
1.6 Soziologische, politische, kulturelle und religiöse Gegebenheiten für die Mission: günstige und ungünstige Bedingungen
2. Die Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ämter und Dienste in den ersten drei Jahrhunderten
2.1 Urchristliche Vorgaben
2.2 Die Verfassung der ältesten Gemeinden
2.2.1 Das judenchristliche Modell in der Gemeinde von Jerusalem: Von den Zwölf zu Jakobus dem Herrenbruder und den Presbytern
2.2.2 Das heidenchristliche Modell
2.2.2.1 Propheten, Lehrer und Apostel in der Gemeinde von Antiochien
2.2.2.2 Der Apostel Paulus und die Episkopen und Diakone in seinen heidenchristlichen Gemeinden
2.2.2.3 Apostel, Propheten und Lehrer sowie Episkopen und Diakone in den Gemeinden der Didache
2.3 Die Verschmelzung des juden- und des heidenchristlichen Modells
2.3.1 Episkopen, Presbyter und Diakone im Brief des Clemens von Rom
2.3.2 Der Bischof, die Presbyter und die Diakone in den Pastoralbriefen
2.4 Der eine Bischof, die Presbyter und die Diakone bei Ps.-Ignatius
2.5 Frauen als kirchliche Autoritäten in altkirchlicher Zeit
2.5.1 Die Anfänge
2.5.2 Ein frühes Beispiel: Christliche Frauen als Autoritäten kleinasiatischer Gemeinden des 1. und 2. Jahrhunderts
2.5.3 Restriktive Tendenzen in den Pastoralbriefen
2.5.4 Die Witwen und Gemeindejungfrauen als kirchlicher Stand
2.5.5 Die Diakonissinnen – Inhaberinnen eines kirchlichen Amts?
2.6 Die kirchlichen Ämter und Dienste in der Traditio Apostolica
2.6.1 Der Klerus in der Traditio Apostolica
2.6.1.1 Der Bischof
2.6.1.2 Der Presbyter
2.6.1.3 Der Diakon
2.6.1.4 Der Bekenner
2.6.2 Die Dienste in der Traditio Apostolica
2.6.2.1 Die Witwe
2.6.2.2 Der Lektor
2.6.2.3 Die Jungfrau
2.6.2.4 Der Subdiakon
2.6.2.5 Das mit der Gabe der Heilung beschenkte Gemeindemitglied
3. Theorie und Praxis der kirchlichen Einheit in den ersten drei Jahrhunderten
3.1 Die Ermittlung der vertikalen Einheit mit dem Ursprung durch Feststellung von apostolischer Tradition und Sukzession
3.2 Die Feststellung der horizontalen kirchlichen Einheit (κοινωνα, communio) durch Kommunionbriefe und Communio-Listen
3.3 Die Anfänge der Ermittlung vertikaler und horizontaler Einheit durch die Regionalsynoden des späten 2. und des 3. Jahrhunderts
4. Kirche und Staat zwischen Konfrontation und Kooperation bis zum Tod Theodosius’ I. († 395)
4.1 Die altkirchliche Loyalität gegenüber dem römischen Staat und ihre Grenzen
4.2 Die heidnischen Vorwürfe gegen die Christen als Ursachen der Christenverfolgungen
4.3 Der Verlauf der Christenverfolgungen
4.3.1 Die zeitlich und regional planlos auftretenden Verfolgungen bis zum Jahre 249
4.3.2 Die seit 249 auf Reichsebene systematisch durchgeführten Verfolgungen
4.4 Die sogenannte Konstantinische Wende und die Eingliederung der Kirche in das Römische Reich
4.4.1 Die Vorgeschichte der konstantinischen Religionspolitik
4.4.2 Erste Ansätze der neuen Religionspolitik Kaiser Konstantins
4.4.3 Kirche und Staat während der Alleinherrschaft Kaiser Konstantins
4.4.4 Von der religio licita zur Staatskirche
5. Die Entstehung und Entwicklung des römischen Primatsanspruchs und der Reichspatriarchate bis zum Konzil von Chalzedon (451)
5.0 Die Hauptkirchen der ersten drei Jahrhunderte – eine Bestandsaufnahme
5.1 Stufe 1: Die hohe kirchliche Bedeutung der römischen Kirche bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts
5.2 Stufe 2: Rom – seit der Mitte des 2. Jahrhunderts ein Ort privilegierter Tradition
5.2.1 Die in Rom erstmals beantwortete Frage nach dem Umfang des Neuen Testaments
5.2.2 Die in Rom erstmals beantwortete Frage nach den Grenzen der Kirche
5.3 Stufe 3: Rom, Alexandrien, Antiochien und Karthago – seit dem 3. Jahrhundert auf dem Weg zu regionalen Zentren der Communio
5.3.1 Die Hauptkirchen Rom, Alexandrien, Cäsarea/Jerusalem und Ephesus während des Osterfeststreits des ausgehenden 2. Jahrhunderts
5.3.2 Die Hauptkirchen Karthago, Rom, Alexandrien und Antiochien während des Bußstreits Mitte des 3. Jahrhunderts
5.3.3 Die Hauptkirchen Karthago, Rom, Cäsarea und Alexandrien während des Ketzertaufstreits Mitte des 3. Jahrhunderts
5.3.4 Das Zusammenspiel der Hauptkirchen Antiochien, Rom und Alexandrien im Fall des Paul von Samosata im Jahr 268
5.3.5 Der Einfluss der sogenannten Konstantinischen Wende und der beiden ersten ökumenischen Konzilien auf die Stellung der alten Hauptkirchen im Römerreich und auf den Aufstieg Konstantinopels
5.3.6 Das Eintreten des Julius von Rom († 352) für gesamtkirchliche Mitverantwortung und gegen regionale Autonomie
5.3.7 Die westliche Anerkennung Roms als Revisionsinstanz auf der 343 einberufenen Synode von Sardica
5.3.8 Rom – seit dem Abschluss der arianischen Wirren (um 370) Zufluchtsort der östlichen Kirchen in Notsituationen
5.4 Stufe 4: Die Ausbildung des römischen Primats und der Reichspatriarchate vom Ende des 4. Jahrhunderts bis zum Konzil von Chalzedon (451)
5.4.1 Die Weiterentwicklung der römischen Primatsidee im Westen seit dem Ende des 4. Jahrhunderts
5.4.2 Der geistig-ideologische Hintergrund: Die Roma christiana beerbt die Roma aeterna
5.4.3 Der Autoritätsanspruch der ersten drei ökumenischen Konzilien (325-431) und Roms Selbstverständnis auf denselben
5.4.4 Das Mit- und Gegeneinander der römischen Kirche und der Reichspatriarchate auf dem 451 abgehaltenen ökumenischen Konzil von Chalzedon
5.4.5 Rückblick und Ausblick
6. Die ersten vier ökumenischen Konzilien
6.1 Das 325 abgehaltene ökumenische Konzil von Nizäa
6.1.1 Die Vorgeschichte des Konzils von Nizäa
6.1.2 Das Konzil von Nizäa
6.1.3 Der Glaube von Nizäa im Widerstreit
6.1.4 Die Lösung der nizänischen Frage durch die Kappadokier
6.2 Das 381 abgehaltene ökumenische Konzil von Konstantinopel
6.2.1 Die Vorgeschichte des zweiten ökumenischen Konzils
6.2.2 Das Konzil von Konstantinopel
6.2.3 Die Rezeption des Konzils von Konstantinopel
6.3 Das 431 abgehaltene ökumenische Konzil von Ephesus
6.3.1 Die Vorgeschichte des Konzils von Ephesus: zwei unterschiedliche Christologien
6.3.2 Das Konzil von Ephesus
6.3.3 Die Rezeption und Nichtrezeption des Konzils von Ephesus oder die erste bleibende Kirchenspaltung
6.3.3.1 Die Ausbildung der Apostolischen Kirche des Ostens
6.4 Das 451 abgehaltene ökumenische Konzil von Chalzedon
6.4.1 Die Vorgeschichte des Konzils von Chalzedon
6.4.2 Das Konzil von Chalzedon
6.4.3 Die Rezeption und Ablehnung des Konzils von Chalzedon oder die zweite bleibende Kirchenspaltung
6.4.3.1 Die Ablehnung in der koptischen, nubischen und äthiopischen Kirche
6.4.3.2 Die Ablehnung in der armenischen Kirche
6.4.3.3 Die Ablehnung in der westsyrischen oder jakobitischen Kirche
6.4.3.4 Die Rezeption des Konzils von Chalzedon in der Reichskirche
Liste der frühen Bischöfe von Rom bzw. der Päpste
Liste bedeutender Kirchenväter und altchristlicher Autoren in chronologischer Reihenfolge
Liste der römischen Kaiser
Abbildungsnachweis
7. Die frühchristliche Liturgie
7.1 Der allgemeine Rahmen der frühchristlichen Liturgie
7.1.1 Ein Beispiel: Frühes östliches und westliches Sakramentenverständnis
7.1.2 Die östlichen Liturgiefamilien der Spätantike
7.1.3 Die westlichen Liturgiefamilien der Spätantike
7.1.4 Gemeinsame Grundlagen
7.2 Die Taufe in der Alten Kirche
7.2.1 Die Taufe im Neuen Testament
7.2.2 Die Taufe nach den Quellen des 2. Jahrhunderts
7.2.3 Die Taufvorbereitung in der Traditio Apostolica
7.2.3.1 Voraussetzungen für die Aufnahme in den Katechumenat
7.2.3.2 Der Verlauf der Katechumenatszeit
7.2.3.3 Die Zeit der unmittelbaren Vorbereitung
7.2.4 Die Taufe in der Traditio Apostolica
7.2.4.1 Die Segnung des Wassers und der Tauföle
7.2.4.2 Die Absage an den Satan
7.2.4.3 Die Salbung vor dem Taufbad
7.2.4.4 Das mit dem Taufbekenntnis verbundene Taufbad
7.2.4.5 Die Salbung nach dem Taufbad
7.2.4.6 Die abschließenden Riten
7.2.4.6.1 Die bischöfliche Handauflegung mit Gebet
7.2.4.6.2 Die bischöfliche Salbung des Hauptes
7.2.4.6.3 Die bischöfliche Besiegelung oder Signation
7.2.4.7 Die Taufeucharistie
7.2.5 Taufvorbereitung und Taufe in Antiochien, Jerusalem und Mailand Ende des 4. Jahrhunderts
7.2.5.1 Die Taufvorbereitung in Antiochien, Jerusalem und Mailand Ende des 4. Jahrhunderts
7.2.5.2 Die Taufe in Antiochien, Jerusalem und Mailand Ende des 4. Jahrhunderts
7.3 Die Buße in der Alten Kirche
7.3.1 Urkirchliche Voraussetzungen
7.3.2 Auf dem Weg zum kanonischen Bußverfahren: die kirchliche Bußphänomenologie des 2. Jahrhunderts
7.3.3 Die Anfänge der kanonischen Buße im Westen
7.3.4 Die Weiterentwicklung im Westen seit der Mitte des 3. Jahrhunderts
7.3.5 Das altkirchliche Bußwesen im christlichen Osten
7.4 Die Eucharistie in der Alten Kirche
7.4.1 Das Verständnis der Eucharistiefeier von den Anfängen bis zum Ende der apostolischen Zeit
7.4.2 Der Vollzug der Eucharistiefeier: Vom urchristlichen Herrenmahl zu den Anfängen der altkirchlichen Eucharistiefeier im 2. Jahrhundert
7.4.3 Das altkirchliche eucharistische Hochgebet
7.4.4 Die altkirchlichen Deutungen der Eucharistiefeier
7.4.4.1 Die Wandlung durch das Konsekrationsgebet des Logos bei Justin
7.4.4.2 Zur Wandlung durch die Worte Jesu Christi in der westlichen Überlieferung
7.4.4.3 Die Wandlung durch den Heiligen Geist in der östlichen Überlieferung
7.4.5 Der Ort der altkirchlichen Eucharistiefeier
7.4.6 Die Zeit der altkirchlichen Eucharistiefeier
8. Bischof Augustinus von Hippo – Einblicke in Leben, Werk und Kontroversen eines Lehrers des Abendlands
8.1 Die Quellen zur Augustinus-Biographie
8.2 Kindheit, Jugend und Studienzeit Augustins
8.3 Augustinus als Lehrer und Rhetor in Karthago, Rom und Mailand
8.4 Augustinus als christlicher Asket in Thagaste und Presbyter in Hippo
8.5 Augustinus als Bischof von Hippo Regius
8.5.1 Bischof Augustinus als Seelsorger, Kirchenpolitiker, Theologe und Asket
8.5.2 Die von Augustinus ausgetragenen Kontroversen und ihre Theologie
8.5.2.1 Die Auseinandersetzung mit dem Manichäismus (392-404)
8.5.2.2 Die Auseinandersetzung mit dem Donatismus (400-418)
8.5.2.3 Die Auseinandersetzung mit dem Pelagianismus (411-430)
8.5.3 Vier sehr einflussreiche Werke Augustins
8.5.3.1 De doctrina christiana
8.5.3.2 De cathechizandis rudibus
8.5.3.3 De civitate Dei
8.5.3.4 De Trinitate
9. Priestermönch Johannes von Damaskus – Einblicke in Leben und Werk eines östlichen Lehrers der Christenheit
9.1 Die Quellen zur Biographie des Johannes von Damaskus
9.2 Kindheit und Ausbildung des Johannes
9.3 Johannes im staatlichen und kirchlichen Dienst in Damaskus und Jerusalem
9.4 Die letzten Jahre des Johannes, sein Tod, seine Verurteilung, seine Rehabilitation und seine frühe Verehrung als Heiliger
9.5 Die wichtigsten Werke des Johannes von Damaskus
9.5.1 Dogmatische Werke
9.5.1.1 Die Πηγ γνσεως (Quelle der Erkenntnis)
9.5.1.2 Die Drei Reden gegen die Verächter der heiligen Bilder
9.5.2 Das moraltheologisch-spirituell ausgerichtete Florileg der Sacra Parallela
9.5.3 Das exegetische Werk zu den Paulusbriefen
9.5.4 Das hagiographische und homiletische Werk
9.5.4.1 Die Trilogie auf die Entschlafung der heiligen Gottesgebärerin Maria
9.5.5 Das hymnographische Werk
9.5.6 Unechte Werke
Abbildungsnachweis

Vorwort zu den Kapiteln 1 bis 6

Mit diesem Werk soll Studierenden, Theologen und einem an der Theologie interessierten Kreis ein als gedrucktes Buch, aber auch als eBook publiziertes Lehr- und Lernbuch der Alten Kirchengeschichte zur Verfügung stehen, das auf dem neuesten Forschungsstand jene Themen behandelt, die sich im Lehrbetrieb bayerischer Universitäten als zentral erwiesen haben, weil sie das Leben und die Theologie der Kirche bis auf den heutigen Tag prägen.

Demnach geht es hier um die frühe Ausbreitung der Kirche (Kapitel 1), ihre ortskirchliche Organisation (Kapitel 2) und ihre einheitsstiftenden Prinzipien und Institutionen (Kapitel 3), um die frühe Begegnung zwischen Kirche und römischem Staat (Kapitel 4), die großräumige Organisation der Alten Kirche (Kapitel 5) und den auf den ersten vier ökumenischen Konzilien entfalteten Glauben der Kirche (Kapitel 6). Der künftige zweite Band gilt dem altkirchlichen Gottesdienst (Kapitel 7) und dem Leben und Werk der überragenden abend- und morgenländischen Väter Augustinus von Hippo Regius (Kapitel 8) und Johannes von Damaskus (Kapitel 9).

Zwischentitel untergliedern die einzelnen Kapitel detailliert, um so rasch und übersichtlich einen Überblick über den Inhalt des Bandes zu vermitteln. Zur Förderung der Einprägsamkeit werden neben wichtigen Begriffen, Namen und Orten auch zentrale Aussagen des Textes fett markiert. Ebenso veranschaulichen durch farbige Hinterlegung hervorgehobene Quellentexte, aber auch Karten, Graphiken, Bilder und Tabellen den behandelten Stoff. Papst-, Kaiser-, Kirchenväter- und Autorenlisten erleichtern die chronologische Orientierung. Ein Register erübrigt sich, da die Suchfunktion der eBook-Version entsprechende Recherchen ermöglicht.

Unter Verzicht auf einen aufwendigen Anmerkungsapparat wird die neuere und neueste Standardliteratur – je nach Länge und Dichte der Ausführungen – am Ende des jeweiligen Kapitelabschnitts aufgelistet und ihr Inhalt bei Bedarf nach den jeweiligen Seitenangaben in Klammern erschlossen, sodass dort Hinweise zum vertieften Studium zu finden sind. Die wenigen Fußnoten verweisen nur auf wörtliche Zitate, auf unverzichtbare, in der Standardliteratur nicht erwähnte Einzelergebnisse der neueren Forschung sowie auf andere Kapitelabschnitte des vorliegenden Buchs, die den entsprechenden Sachverhalt vertiefter behandeln und im eBook durch Hyperlinks erreichbar sind.

Für die Erstellung des Manuskripts bin ich Frau Sonja Eisenschmid und Frau Ursula Niefnecker zu großem Dank verpflichtet. Ebenso danke ich Herrn Cand. theol. Anselm Blumberg herzlich für die arbeitsaufwendige Bearbeitung der Quellentexte, Karten, Graphiken, Bilder und Tabellen. Schließlich gilt mein herzlicher Dank auch Herrn Stud. theol. Martin Schwerdt für das Lesen der Korrekturen.

Theißing, den 22. Oktober 2011

Johannes Hofmann

Vorwort zu den Kapiteln 7 bis 9

Wie im ersten Teil angekündigt geht es im vorliegenden zweiten Teil um den altkirchlichen Gottesdienst (Kapitel 7) und um Leben und Werk der überragenden abend- und morgenländischen Väter Augustinus von Hippo Regius (Kapitel 8) und Johannes von Damaskus (Kapitel 9), damit so die zentralen Aspekte der Alten Kirchengeschichte vervollständigt werden. Zur didaktischen Aufbereitung des Textes, der Literaturangaben und der Fußnoten sei auf das Vorwort des ersten Teils verwiesen.

Herzlich danke ich auch diesmal Frau Ursula Niefnecker für die Erstellung des Manuskripts, wie ich auch Herrn Dr. Anselm Blumberg für die gekonnte Bearbeitung der Graphiken, Karten, Bilder und Tabellen zu großem Dank verpflichtet bin. Mein herzlicher Dank gilt Frau Stud. phil. Lena Klingenberg für das Lesen der Korrekturen. Dem Echter Verlag und insbesondere Herrn Heribert Handwerk und Herrn Werner Häußner danke ich erneut für die zuverlässige Zusammenarbeit. Schließlich sei der großzügige Druckkostenzuschuss dankbar erwähnt, den mir meine Heimatdiözese Regensburg und die Diözese meines akademischen Standorts Eichstätt gewährten.

Theißing, im Advent 2012

Johannes Hofmann

Technische Hinweise zur Nutzung der eBook-Version

Im eBook ist vom Inhaltsverzeichnis aus der Text der einzelnen Kapitel und Unterkapitel jeweils durch einen Klick auf die linke Maustaste erreichbar, während man durch Gedrückthalten der Alt-Taste und Drücken der linken Pfeiltaste wieder zum Inhaltsverzeichnis zurückkehren kann. Entsprechendes gilt auch für Hyperlinks, mit deren Hilfe nicht nur jeweils vertiefende Abschnitte des Buchs, sondern auch Abbildungen und vollständige Titel der abgekürzten Literatur zu erreichen sind. Die im Längsformat publizierten Karten lassen sich schließlich unter „Anzeige“ → „Ansicht drehen“ im Uhrzeigersinn ins Querformat drehen.

1. Die Anfänge der Kirche

1.1 Die Ausgangssituation

Vor der Beschäftigung mit den Anfängen der Kirche ist zunächst festzuhalten, dass die Kirche ihren letzten Grund in Jesus Christus hat, in jenem historisch fassbaren Jesus von Nazaret, dessen Wirken der Evangelist Lukas gelungen resümiert:

Jesus „wanderte durch Städte und Dörfer, predigte und verkündete als Frohe Botschaft das Reich Gottes. Und die Zwölf waren mit Ihm und einige Frauen, die von bösen Geistern und Krankheiten geheilt worden waren“ (Lk 8,1b-2a).

Jesu Wirken ist also von der Verkündigung der Frohen Botschaft vom nahen Gottesreich geprägt, von seiner Realisierung durch die Heilung kranker und von Dämonen besessener Menschen und von der Sammlung einer Schar von Frauen und Männern um sich.

Diese Kreise lösen sich nach der Katastrophe der Kreuzigung nicht auf, sondern entfalten intensives Gemeindeleben und auffällige Verkündigungstätigkeit. Wie die neutestamentlichen Quellen einmütig bezeugen, hat das einen unverzichtbaren Grund: Der schmählich hingerichtete Jesus ist auferstanden. Er erscheint Einzelnen sowie kleineren und größeren Gruppen seiner Anhänger und beauftragt sie zur Fortsetzung seines Erlösungswerks: zum Festhalten an seiner Gemeinde und zur weltweiten Ausbreitung seiner Frohen Botschaft. Aufgrund der Eigenart, Spärlichkeit und Zufälligkeit weiterer Zeugnisse, die sich aus den Schriften des Neuen Testaments (z.B. 1 Kor 15,3-8; Mk 16,1-8; Mt 28,1-20; Lk 24,1-53 u.a.), aus frühchristlichen Werken (z.B. Tertullian, Petrus-Evangelium) und aus außerchristlichen Jesuszeugnissen (z.B. Tacitus, Flavius Josephus, Sueton und Plinius der Jüngere) erschließen lassen, kann man den Ablauf der Osterereignisse kaum widerspruchsfrei rekonstruieren. Wenn sich die dialektisch-kerygmatische Theologie in dieser Frage allerdings mit dem Osterglauben der Jünger zufriedengibt, dann greift ihr theologischer Ansatz zu kurz. Mit Dassmann ist vielmehr zu fragen, „wie die Jünger und ersten Anhänger Jesu [denn] zum Osterglauben gekommen sind. Das Faktum des Osterglaubens fordert doch einen Grund; und erst von der Tragfähigkeit dieses Grundes hängt es ab, wie belangvoll und verpflichtend der Osterglaube der Jünger ist“1. Tatsache ist, dass der auferstandene Jesus unter seinen Anhängern einen gemeindestiftenden Impuls auslöst, dessen Wirkung bis heute in der Kirche wahrnehmbar ist.

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Abb. 1 Im 6. Jahrhundert entstandenes Mosaik in der Basilika S. Appollinare Nuovo zu Ravenna mit dem Engel, der den Frauen am leeren Grab die Auferstehung Jesu verkündet.

Wie sieht diese von Jesus gewollte Urkirche aus? Festzuhalten ist zunächst der Befund Hengels, „daß im Vergleich mit anderen Bereichen und Epochen der antiken Geschichte […] die Quellenlage für die ersten Jahrzehnte des Urchristentums, von Johannes dem Täufer bis zur Neronischen Verfolgung oder bis zum Ausbruch des jüdischen Krieges [66 n. Chr.], im Grunde so schlecht garnicht ist“2. Denn in den Büchern des Neuen Testaments findet sich neben „den Evangelien, der Apostelgeschichte und den echten und sekundären Paulusbriefen […] eine Fülle anderer, meist pseudepigraphischer Schriften aus der Zeit etwa zwischen 70 und 110 n. Chr., aus denen sich Rückschlüße auf die ‚Gründerzeit‘ ziehen lassen; hinzu kommen [frühchristliche] Nachrichten bei Papias, Hegesipp und Euseb sowie Notizen [nichtchristlicher Herkunft] bei Josephus, Tacitus, Sueton, dem jüngeren Plinius und aus der rabbinischen Tradition“3. Darüber hinaus liefern Befunde aus der jüdischen und hellenistischen Umwelt, geschöpft aus den Funden von Qumran (vgl. Abb. 2), aus den gnostischen Texten von Nag Hammadi und zahlreichen anderweitigen Inschriften und Papyri, ergänzende Hilfsmittel zur historischen Rekonstruktion. Freilich ist bei der Interpretation der neutestamentlichen Quellen zu berücksichtigen, dass sich ihre Verfasser zwar als „Geschichtsschreiber“ oder besser als „Geschichtserzähler“ verstehen, dass sie ihre Nachrichten aber in erster Linie in den Dienst der Christus-Verkündigung stellen und sie daher sprachlich und erzählerisch entsprechend formen.

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Abb. 2 Fragment der Damaskusrolle, einer der in Qumran aufgefundenen Schriften.

Zunächst bezeugen die geographischen Angaben des Neuen Testaments, dass die ersten Christen nicht nur Mitglieder der Jerusalemer Urgemeinde sind. Mehrere geographisch voneinander unterschiedene Gemeinden haben vielmehr in den vier Evangelien ihre jeweilige lokale Jesus-Überlieferung festgehalten. So erscheint der Auferstandene den Jüngern z.B. nicht nur in Jerusalem, sondern auch in Galiläa. „Solche Ortsangaben in alten biblischen Erzählungen sind bisweilen ein Signal dafür, daß es an diesem Ort schon früh eine Gemeinde gab, die die Jesus-Erinnerung dieses Textes“4 aufbewahrt hat.

Sekte der Nazoräer nennen die jüdischen Gegner laut Apg 24,5 die Anhänger des Jesus von Nazaret, die sich unter seinem Namen in Jerusalem zusammenschließen. Als „κκλησα“, als Versammlung des von Jesus herausgerufenen endzeitlichen Gottesvolks bezeichnen sich die ersten Judenchristen selbst. Sie verstehen sich also nicht als Juden, die nur die Überzeugung von Jesus, dem Messias, miteinander teilen. Ihre Überzeugung führt sie vielmehr regelmäßig zu religiösen Versammlungen zusammen und macht sie so zur Gemeinde Jesu, zur Kirche, wie man im Deutschen sagt.

Diese Überzeugung beruht auf der Erfahrung, dass der Gekreuzigte auferstanden ist und lebt. Sie greift nach und nach um sich (vgl. 1 Kor 15) und entwickelt sich „zum Angelpunkt der apostolischen Verkündigung“5. Bestätigt und vertieft wird sie den Jerusalemer Urautoritäten der Zwölf durch die Geistausgießung, die als ein „von der ganzen urchristlichen Überlieferung bezeugte[s] Faktum“6 zu betrachten ist. Seither predigen die Zwölf, dass der Auferstandene mit dem irdischen Jesus von Nazaret identisch ist, und dass deshalb alles, was Er vor seinem Sterben in Wort und Tat gelehrt hat, Gültigkeit und Heilsmächtigkeit besitzt. Denn Gott hat schon durch den irdischen Jesus Macht- und Wunderzeichen gewirkt, Gott selbst hat Ihn auferweckt, kurz: Jesus ist der verheißene Messias. In der urchristlichen Predigt legt man Jesus daher schon bald den Christus-Titel, das griechische Synonym für Messias, bei. „Die Apostel predigen das Evangelium ‚von Jesus Christus‘ ([Apg] 5,42), ‚Jesus Christus‘ ist es, der durch die Apostel heilt (9,34). [Und] weil Jesus der Messias ist, heißt er auch der Kyrios, [der Herr], zu dem Gott selbst ihn gemacht hat (2,36); er gehört daher an die Seite Gottes und man kann ihm den Kyriostitel mit der gleichen Selbstverständlichkeit geben wie Gott selbst (1,21; 7,59; 9,1.10ff.42; 11,17).“7

Unter dieser Voraussetzung liegt es auf einer Linie, wenn sich die Urgemeinde auch im Gebet an den Kyrios wendet, sodass schon Paulus in 1 Kor 16,22 eines dieser Urgebete überliefert: „Marana tha (Herr, komme).“ Damit macht sich zugleich ein entscheidendes Element des urchristlichen Kerygma bemerkbar: das in orthodoxen jüdischen Ohren gotteslästerlich klingende Bekenntnis, dass Jesus mit Gott identisch ist. Der Scheideweg zwischen Judentum und Christentum zeichnet sich hier ab, wenn davor auch noch eine längere gemeinsame Wegstrecke liegt.

BAUS, Karl, Von der Urgemeinde zur frühchristlichen Großkirche (= Hubert Jedin (Hg.), Handbuch der Kirchengeschichte 1) Freiburg Basel Wien 1962, 69- 479; hier 92-101.

BROX, Norbert, Kirchengeschichte des Altertums, Düsseldorf 19924, 9-12.

1.2 Das Urchristentum im Judentum

1.2.1 Die pluralistische Gestalt des Judentums und die ersten Christen

Zweifellos hält man das Christentum zunächst für eine der vielen Sekten, Gruppierungen oder Bewegungen des Judentums. Denn innerhalb des Judentums ist man schon lange religiöse Vielfalt gewohnt. So bestehen beispielsweise erhebliche Gegensätze zwischen den Pharisäern und den Sadduzäern. Die Pharisäer bilden jene Gruppierung, die sich – in Abgrenzung zur römischen Oberherrschaft – am stärksten um die Aufrechterhaltung des theokratisch konstituierten Charakters der jüdischen Volksgemeinschaft bemüht und daher hellenistisch-heidnische Einflüsse konsequent abwehrt. Sie halten sich streng an das mosaische Gesetz (die fünf Bücher des Mose) sowie an die für sie normstiftende schriftgelehrte Auslegungstradition desselben. Selbstverständlich ist ihnen auch der Glaube an die Auferstehung der Toten und an die Engel.

Die zumeist führenden priesterlichen Aristokratengeschlechtern angehörenden Sadduzäer lassen dagegen nur das mosaische Gesetz gelten und fühlen sich nicht an die schriftgelehrte Überlieferung gebunden. Folglich verwerfen sie z.B. den Glauben an die Auferstehung, da sich diese Lehre erst in den verhältnismäßig jungen Büchern des Alten Testaments findet und daher für sie nicht verbindlich ist.8

Zu erwähnen ist schließlich die Gruppe der Zeloten oder Eiferer. Sie wollen dem Gesetz in Treue, aber in einer betont kämpferischen, martyriumsbereiten Haltung dienen, die alles Heidnische aggressiv zurückweist. Sie lehnen es ab, dem römischen Kaiser Steuern zu zahlen und rufen zum bewaffneten Widerstand gegen die heidnische Fremdherrschaft auf, da der Gehorsam gegenüber dem mosaischen Gesetz in diesem Fall zu einem heiligen Krieg verpflichte.

In diesem pluralistischen jüdischen Milieu, das in Wirklichkeit noch viel bunter war, wurzelt das junge Christentum. Folglich finden auch Vertreter der aufgezählten Gruppierungen den Weg zur christlichen Gemeinde. Als prominenter Pharisäer kann z.B. Paulus namhaft gemacht werden. Gläubig gewordene Mitglieder der sadduzäischen Priesterklasse werden in Apg 6,7 genannt. Unter den Zeloten zählt schließlich Simon der Zelot bereits in vorösterlicher Zeit zu den von Jesus erwählten Zwölf.

Angesichts dieser Phänomenologie des zeitgenössischen Judentums stellen die ersten christlichen Gemeinden eine Gruppierung unter vielen dar. Sie sind zunächst nichts Besonderes in ihrer jüdischen Volksgemeinschaft. Sie glauben an den einen Gott Israels, ihre heiligen Schriften sind die der Juden, der Jerusalemer Tempelkult ist der ihre und ebenso folgen sie dem mosaischen Gesetz. Sogar die wichtigsten Elemente des am Sabbat üblichen Synagogengottesdienstes, die Psalmen, Schriftlesungen, ihre Auslegung und entsprechende Gebete, bewahren sie in ihren gottesdienstlichen Versammlungen. Selbst die endzeitliche Ausrichtung der frühen Christen hat nichts Einmaliges an sich und findet Parallelen im zeitgenössischen Judentum. So hätten die frühchristlichen Gemeinden innerhalb des Judentums das bleiben können, wofür man sie zunächst hielt: die Sekte der Nazoräer.

Freilich löst Jesus von Nazaret innerhalb des Judentums eine eigene Dynamik aus. Zwar halten die Nazoräer am jüdischen Monotheismus fest, identifizieren aber auch Jesus mit Gott. Ebenso ist die Heilige Schrift der Juden die ihre, aber sie legen sie auf Jesus Christus hin aus. In gleicher Weise strukturieren sie den Ablauf ihrer Gottesdienste nach jüdischem Vorbild, aber ihr heiliger Tag ist nicht der Sabbat, sondern der erste Tag der Woche, der Sonntag (vgl. Apg 20,7). Schließlich ist auch ihre endzeitliche Ausrichtung schon festgelegt. Man erwartet nicht eine nach traditionellen Vorstellungen beschriebene Messiasgestalt, sondern hat in Jesus von Nazaret den Messias bereits gefunden. Hinzu kommt die Lehre dieses Jesus, die die Geister scheidet. Eine Neuerung ist auch die Taufe auf den Namen des Herrn Jesus als Aufnahmeritus in ihre Gemeinschaft (vgl. Apg 19,5). Vor allem brechen die ersten Christen am ersten Tag der Woche in ihren Häusern das Brot als eucharistische Vergegenwärtigung der rettenden Tat Gottes an Jesus Christus und vollziehen dieses Gedächtnismahl unter Ausschluss aller nicht Getauften.

So unterscheiden sich die ersten Christen schon deutlich vom zeitgenössischen Judentum. Dennoch fühlen sie sich im Judentum beheimatet und begreifen sich als endzeitliches Ereignis innerhalb des Volkes Israel. In der jungen Kirche – so ist man überzeugt – hat das auf die endzeitliche Vollendung ganz Israels ausgerichtete Wirken Gottes bereits begonnen. Folglich versteht man sich als neues Israel, als den von Gott schon hergestellten Kern seines Volks, um den sich künftig ganz Israel sammeln sollte, indem es den neuen Weg Jesu annehmen und zum Glauben an Ihn kommen werde. Die junge Gemeinde sieht sich daher zunächst zu den Söhnen und Töchtern Israels gesandt. Die Weigerung Israels, den Jesusglauben anzunehmen, führt dann aber zur Heidenmission.

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„Theodotos, [Sohn] des Vettenos, Priester und Archisynagogos, Sohn eines Archisynagogos, Enkel eines Archisynagogos, renovierte die Synagoge zum Lesen des Gesetzes und Lehren der Gebote, und das Gästehaus und die Nebenräume und die Wasserinstallationen zur Herberge für diejenigen aus der Fremde, die [sie] benötigen. Sie [die Synagoge] haben begründet seine Väter und die Presbyter und Simonides.“

Abb. 3 Die 1913 in Jerusalem aufgefundene Theodotus-Inschrift (hier mit Übersetzung) bezeugt für das Jerusalem des 1. Jahrhunderts eine hellenistische Synagogengemeinde und ihre Presbyter.

Im Judentum lassen sich aber nicht nur verschiedene religiöse Gruppierungen wie Pharisäer und Sadduzäer voneinander unterscheiden. Die Existenz von jüdischen Diasporagemeinden in allen größeren Städten des Mittelmeerraums (z.B. in Alexandrien oder Rom) bringt auch eine sprachlich-kulturelle Scheidung zwischen den bodenständigen, aramäisch sprechenden Juden Palästinas und den vom griechisch-hellenistischen Milieu geprägten Juden des Mittelmeerraums mit sich. Daher existieren bereits im Jerusalem des ersten nachchristlichen Jahrhunderts aramäischsprachige, traditionell-palästinische und griechischsprachige, hellenistisch beeinflusste Synagogengemeinden (vgl. Abb. 3). Letztere rekrutieren sich aus zurückgewanderten Diaspora-Juden und pflegen – im Vergleich zu ihren aramäischsprachigen Glaubensbrüdern – ein weniger intensives religiöses Verhältnis zum Land Israel, zum Tempel, Kult und Gesetz.

1.2.2 Sprachlich-kulturelle Gruppierungen im Urchristentum

Die Botschaft des Auferstandenen fasst in beiden sprachlich-kulturellen Gruppen des Judentums Fuß. Sowohl traditionsbewusste Juden aramäischer Sprache, als auch hellenistisch geprägte Diaspora-Juden griechischer Sprache werden Mitglieder der Jerusalemer Urgemeinde. Die Apostelgeschichte nennt die beiden Gruppen Hebräer und Hellenisten (vgl. Apg 6,1) und legt die Vermutung nahe, dass die beiden christlichen Teilgemeinden wegen der Sprachbarriere im Gottesdienst getrennt, in der karitativen Arbeit aber gemeinsam gehandelt haben. In diesem Sinn berichtet Apg 6,1-6 von einem Streit, der zwischen beiden Gruppen wegen der mangelhaften Versorgung der hellenistischen Witwen ausgebrochen und durch die Bestellung von sieben Männern behoben worden war.9 Diese Sieben übernehmen fortan den „Dienst an den Tischen“, während die zwölf Apostel nunmehr ungehindert den „Dienst am Wort“ wahrnehmen. Freilich ist von Stephanus und Philippus, den beiden Spitzenvertretern des Sieben-Männer-Kollegiums, bekannt, dass sie nicht nur „Armenpfleger“ der Jerusalemer Gemeinde, sondern auch verkündigende „Diener des Wortes“ sind. So dürften die Sieben – zumal sie durchwegs griechische Namen tragen – wohl Leitungsfunktionen im hellenistischen Teil der Jerusalemer Gemeinde ausgeübt haben.

Folgenschwer ist der heftige Konflikt der christlichen Hellenisten mit der griechischsprachigen Synagoge Jerusalems. Ein Ausschnitt dieses Streits spiegelt sich in der Stephanusgeschichte wider (Apg 6,8-7,60). Demnach dürfte die deutlich offenere und traditionskritischere Sicht der christlichen Hellenisten den Streit ausgelöst haben. Offensichtlich betonen sie besonders jene tempel- und gesetzeskritische Linie der Predigt Jesu, mit der sich schon Er den Hass pharisäischer und sadduzäischer Kreise zugezogen hatte. Wird Stephanus doch von den Zeugen und der jüdischen Behörde der Lästerung Gottes, Moses, des Tempels und des Gesetzes beschuldigt, ja, sogar der Absicht, unter Berufung auf Jesus den Tempel und das Gesetz abschaffen zu wollen (Apg 6,11-14; 7,48.53). Mit dieser wohl auch von anderen Hellenisten gepredigten Relativierung des Tempels und des Gesetzes überschreitet Stephanus aber die Grenze des von der Synagogendisziplin Zugelassenen. Die Behörde greift ein, er wird gesteinigt und die hellenistischen Christen sind nach seinem Martyrium um 31/32 gezwungen, als jüdische Ketzer aus der Stadt zu fliehen.10 Daraus ergibt sich als Konsequenz, dass die beiden sprachlich-kulturellen Gruppierungen der Jerusalemer Urgemeinde nun auch räumlich voneinander getrennt sind, da nur die Hebräer in der Stadt verbleiben können. Schon an ihrem unterschiedlichen Schicksal wird deutlich, wie stark sich die beiden Gruppen theologisch voneinander unterschieden haben. Denn die Hebräer bieten der jüdischen Behörde offensichtlich keinen Anlass zum Einschreiten. Sie verkündigen Jesus als einen Messias, der – wie z.B. Mt 5,17-19 bezeugt – das Gesetz bis ins Detail zu halten lehrt. Während sich die geflohenen Hellenisten aufgrund ihrer in der Diaspora geformten Biographie aber immer mehr von einem lokal gebundenen religiösen Brauchtum lösen, verbinden die Hebräer ihren Jesusglauben weiterhin mit jüdischer Observanz. Freilich bleiben auch ihnen – vor allem wegen der im Judentum seit der Mitte des 1. Jahrhunderts wachsenden religiös-politischen Aufstandsstimmung gegen die Römer – Spannungen mit ihrer jüdischen Umwelt nicht erspart. Denn ihre auf Jesus und sein messianisches Verständnis zurückgehende friedliche Haltung gegenüber der römischen Staatsmacht reißt – neben den religiösen Differenzen – zwischen den christlichen Hebräern und den Juden auch einen politischen Graben auf, sodass die Hebräer um 66/67 kurzfristig in das ostjordanische Pella ausweichen.11

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Abb. 4 Stephanus auf einem Mosaik des sechsten Jahrhunderts in der Basilika S. Lorenzo fuori le mura zu Rom.

Die spätestens seit der Verfolgung der Hellenisten beobachtbare Zweiteilung der Jerusalemer Gemeinde bringt aber nicht nur räumliche Trennung, sondern auch innerkirchliche Differenzen mit sich. Denn die geflohenen Hellenisten betreiben schon sehr bald außerhalb Palästinas eine erfolgreiche Heidenmission und vertreten dabei eine christliche Lehre und Lebenspraxis ohne Beschneidung und mosaisches Gesetz. Darauf reagieren die weiterhin jüdisch orientierten Christen mit heftigem Protest, weil sie überzeugt sind, dass die Taufe auf den Namen Jesu Beschneidung und Gesetzesgehorsam voraussetze. Als Folge dieser Unstimmigkeiten lässt sich ein Klärungsprozess erschließen, der etwa um 48/49 auf dem so genannten „Apostelkonzil“ verdichtet in Erscheinung tritt (vgl. Apg 15; Gal 2).

Unter den dazu in Jerusalem versammelten Christen lassen sich an erster Stelle christliche Hebräer pharisäischer Prägung namhaft machen. Sie bestehen gegenüber den Heidenchristen strikt auf deren Beschneidung und auf der Einhaltung des mosaischen Gesetzes. Vor allem der Herrenbruder Jakobus, eine maßgebliche Autorität und später das Haupt der Jerusalemer Gemeinde, plädiert nachdrücklich und offensichtlich über das „Apostelkonzil“ hinaus für diese Position. Petrus spielt eine eher vermittelnde Rolle, wenn er auch später gewissen judenchristlichen Eiferern aus dem Kreis um Jakobus bisweilen nachgibt (vgl. Gal 2,11-14). Nur der jüngst bekehrte Paulus – als eifriger Heidenmissionar in die Auseinandersetzungen hineingezogen – vertritt mit Entschiedenheit die Sache der bekehrten Heiden und kann die ausschlaggebenden Autoritäten der Jerusalemer Gemeinde, die Apostel und Presbyter, von einem gesetzesfreien Heidenchristentum überzeugen. So einigt man sich darauf, dass das Christentum bei den Heiden ohne jüdische Auflagen verkündet werden dürfe, bei den Juden aber an die jüdische Gesetzespraxis gebunden bleibe. Die Einheit bleibt also gewahrt; der juden- und der heidenchristliche Weg der Christusnachfolge ist gleichermaßen anerkannt.

BAUS (wie S. 4) 76f. (religiöse Gruppierungen im Judentum).

BROX (wie S. 4