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THEMA

Schauen, Seufzen, Staunen

Über den Sinn für Humor in Theologie und Seelsorge

Von Gisela Matthiae

Der Witz der Religion

Von Bernhard Fresacher

Spirituelle Lachanfälle, mit Herz und Verstand!

Die Replik von Gisela Matthiae auf Bernhard Fresacher

Der schmale Grat zwischen Hoffnung und Verzweiflung

Die Replik von Bernhard Fresacher auf Gisela Matthiae

Scherzgrenzen – oder: Spaß muss sein?!

Von Hans-Joachim Höhn

PROJEKT

Gute Engel, böse Engel und freie Gedanken

Illustrationen zu den Geistlichen Übungen des Hl. Ignatius von Loyola

Von Igna Kramp CJ

INTERVIEW

Lachen und Religion haben dieselbe tröstende Wirkung

Ein Gespräch mit Willibert Pauels

PRAXIS

Humorvoll predigen

Was die Homiletik von Kabarettisten lernen könnte

Von Volker A. Lehnert

Von Fackeln und Leberspätzle oder: Humor ist, wenn der Kirchenhistoriker trotzdem lacht

Von Christian Handschuh

Vom Humor der Erlösten

Von Martin Maier SJ

Das Zwei-Päpste-Vermächtnis. Eine Utopie

Von Joachim Frank

FORUM

Liebesschlösser – Ein Blitzlicht zu einem Phänomen

Von Ilona Nord

POPKULTURBEUTEL

Bingo!

Von Bernhard Spielberg

NACHLESE

Glosse von Wolfgang Frühwald

Impressum

Buchbesprechungen

 

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Bernhard Spielberg Mitglied der Schriftleitung

Liebe Leserin, lieber Leser,

er führt hinaus ins Weite, stürzt Mächtige vom Thron, lässt Lachen, wo Verzweiflung droht: Humor hat göttliche Eigenschaften. Die machen ihn zu einem begehrenswerten Lebenselixier – und zu einem inspirierenden Element sowohl für die theologische Reflexion als auch für die praktische Seelsorge. Wie das konkret gehen soll? Das finden Sie in diesem Heft.

Auf den folgenden Seiten erklärt Gisela Matthiae, warum gerade den Clowns die Gottebenbildlichkeit ins Gesicht geschrieben steht. Bernhard Fresacher zeigt, was für die Theologie der Witz an der Sache mit dem Witz ist. Und Hans-Joachim Höhn lotet die Sch(m)erzgrenzen unserer Kultur aus. Wo in Theologie und Praxis der Spaß aufhört und wo er anfängt, das kommt in den facettenreichen Beiträgen in der Mitte des Heftes zum Vorschein. Schließlich blickt Joachim Frank in einer Reportage augenzwinkernd aus dem Jahr 2114 auf jene Jahrzehnte der Kirchengeschichte zurück, die noch vor uns liegen – und hebt damit das ekklesiogenetische Potenzial einer Utopie.

Natürlich kann man sich derart ernsthaft mit dem Spaß beschäftigen, dass es keine Freude mehr ist. Damit Ihnen das beim Lesen nicht passiert, haben wir in diesem Heft ein paar Schmankerl zum Schmunzeln versteckt: zwischen den Texten finden Sie Anekdoten aus dem pastoralen Tagesgeschäft und Stilblüten aus Prüfungen. Sie sind auf ihre eigene Weise Zeugnisse einer verrückten Theologie. Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle an die Kolleginnen und Kollegen Ulrich Dahmen, Klaus Peter Dannecker, Julia Knop, Ferdinand Prostmeier, Astrid Schilling und Irina Siegel, die uns einige Ihrer schönsten Fundstücke zur Verfügung gestellt haben.

Und selbst wenn Sie dieses Heft nur einmal kurz durchblättern, um vielleicht bei nächster Gelegenheit mit der sonoren Stimme des Connaisseurs beiläufig sagen zu können „Ich habe die aktuelle Ausgabe natürlich schon durchgesehen“, haben Sie diesmal etwas davon: nämlich ein kleines Daumenkino. „Jedes Ding hat drei Seiten: eine positive, eine negative und eine komische“, hat es Karl Valentin mal auf den Punkt gebracht (vgl. den Beitrag von Martin Maier SJ). Wir schauen diesmal nach der dritten.

Ich wünsche Ihnen – ganz im Ernst – viel Spaß bei der Lektüre!

Ihr

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JProf. Dr. Bernhard Spielberg, Mitglied der Schriftleitung

Schauen, Seufzen, Staunen

Über den Sinn für Humor in Theologie und Seelsorge

„Haben Sie Humor, wenn Sie alleine sind?“ fragt Max Frisch in seinem Fragebogen zu Humor. Gut, wer hier mit „Ja“ antworten kann, denn beim Humor handelt es sich um eine Haltung, die sich zuerst in der Geselligkeit mit sich selbst bewährt. Lachen über sich selbst, gerade wenn es überhaupt nichts zu lachen gibt oder man eher heulen könnte – das ist die Grundlage für Humor, der sich auch in den Beziehungen zu Anderen bewährt. Gisela Matthiae

Vier Clowninnen stehen während eines Kurses auf der Improvisationsbühne. Das Bild, das ihnen vorgegeben ist, heißt: Überfüllter Strand! Das kennen alle, die aus Versehen schon einmal zur heißesten Jahreszeit Urlaub an einem sehr beliebten Badeort verbracht haben, also fast alle. Drückende Hitze, schwere Badetasche geschultert, große Liegematte unter den Arm geklemmt und kein freies Plätzchen in Sichtweite. Da ist alles dabei, was es für ein wunderbares Clownspiel braucht: ein Problem, Menschen mit unterschiedlichen Interessen, ein schwer erreichbares Ziel. Doch es wären keine Clowns, wenn ihnen gleich die Lust verginge. Im Gegenteil, wohlgemut staksen sie los, rempeln hier jemanden an, stolpern da über eine Sandburg und entdecken, ebenfalls typisch im Clowntheater, erstaunlich viele freie Plätzchen auf den ausgebreiteten Handtüchern, die doch allesamt schon belegt sind. So gelingt es ihnen gar, sich in unmittelbarer Nähe miteinander, wenn auch auf vier verschiedenen Handtuchplätzchen niederzulassen. Hier breiten sie sich nun genüsslich aus, cremen sich ein und nicken mit einem gewinnenden Lächeln dem Besitzer des Strandlakens auf seiner anderen Hälfte zu. Und weil ihrem sympathischen Charme niemand widerstehen kann, wird bald zusammen Picknick gemacht und sogar ein Fläschchen Wein ausgepackt. Die missliche Situation hat sich in Wohlgefallen aufgelöst und man ist sich näher gekommen.

Clownerie ist für mich eine wunderbare Form des komischen Theaters zur Einübung in die Haltung des Humors. Jede Szene vereint in sich die Ingredienzen für humorvolles Verhalten. Voraussetzung ist eine missliche Situation. Dazu kommt ein unerschütterlicher Optimismus, dass sich trotzdem eine Lösung finden wird. Schließlich wird der Wagemut gefordert, sich mitten hinein in die Schwierigkeiten zu begeben. Dort werden Kleinigkeiten entdeckt, die ansonsten meist übersehen werden. Durch einen Funken Kreativität entsteht auf einmal eine geniale Lösung, mit der sich schließlich alle wohl fühlen. Was hier für diese Szene gilt, kann sich im Alltag, im Beruf und gerade auch in Seelsorgesituationen ebenfalls ereignen. Die missliche Situation hat man dort meist schon. Alles andere ist eine Sache der Aufmerksamkeit, der Entdeckungsfreude, der Risikobereitschaft und des eigenen Schalks. Dabei ist Humor kein bestimmtes Repertoire an Interventionsmöglichkeiten. Humor ist vielmehr eine Haltung, aus der heraus sich bestimmte Verhaltensweisen nahelegen, je nach Situation immer wieder andere. Auch wenn Humor heutzutage nahezu als Allheilmittel gilt: in Therapie, Bildung, bei Krankheiten, im Management, und einem wie Zauberei vorkommen mag – leicht zu definieren ist er nicht, dieser Humor. Näher beschreiben lässt er sich allerdings, und zwar über Merkmale, die eine verblüffende Ähnlichkeit zum christlichen Glauben aufweisen. Deshalb wird Humor aber noch lange nicht zu einer göttlichen Angelegenheit, über die nun auch die Menschen plötzlich verfügen. Mit Humor lässt sich Menschlichkeit verwirklichen, durchaus in dem Sinn, wie Menschen von Gott gemeint sind, nämlich als Ebenbilder oder als Ikonen Gottes. Bei der Beschreibung der Merkmale von Humor fange ich da an, wo jeder Humor seinen Ausgangspunkt hat: Im Schlamassel! Und daher:

HUMOR WÄCHST AUF DEM MIST, DER MIR DIE LUFT VERPESTET

Ist die Situation bereits heiter und unbeschwert, brauchen Sie keinen Humor. Dann lachen Sie einfach so, aus Freude. Wenn es aber überhaupt nichts zu lachen gibt, wenn einem eher zum Heulen ist oder man vor Wut aus der Haut fahren möchte, dann ist eine humorvolle Haltung gefragt. Ganz anschaulich wird dies bei dem Spaziergänger, dem eine Taube das blütenweiße Hemd beschmutzt. Da denkt er sich: wie gut, dass Kühe nicht fliegen können.

Dieser Mann hat Humor! Schadenfreude empfinden eventuell andere, die das Missgeschick beobachten. Aber es scheint, als hätte der Mann auch selbst etwas zu lachen gehabt. Dabei hätte er sich auch aus gutem Grund ärgern können. Das blütenweiße Hemd! Vielleicht hat er ein wichtiges Meeting vor sich, oder ein Rendezvous. Doch offensichtlich entscheidet er sich fürs Lachen. Über einen aberwitzigen Vergleich – Kühe fliegen ja bekanntlich nicht – ringt der Mann der unangenehmen Situation sogar einen Witz ab.

Humor setzt eine heikle, konflikthafte, missliche, peinliche oder gar peinigende Situation voraus. Wie der Philosoph Thorsten Sindermann in seinem Buch „Über praktischen Humor“ festhält, ist der Ausgangspunkt für Humor stets ein skandalon (Sindermann 1998).

Skandalon – diesen Begriff kennt die christliche Theologie in Bezug auf das Kreuz als eines Heilszeichens. Könnte hier sogar ein Ausgangspunkt sein für ein christliches Verständnis von Humor? Zunächst ist das Kreuz ein Foltergerät und Ausdruck einer brutalen Terrorherrschaft.

Im Kreuz selbst ist so gar nichts Glorreiches und Befreiendes, wohl aber in seiner Überwindung. Und selbst die Überwindung des Todes bleibt zunächst der Glaube und die Hoffnung einer kleinen Gemeinschaft von verschreckten Jüngerinnen und Jüngern. Diese neue gerechte Welt Gottes fängt klein an, unter einfachen Hirtinnen und Fischern, ganz nahe bei den Menschen und ihren existentiellen Nöten. Ihnen, den Unterdrückten und Gepeinigten, gilt die frohe Botschaft. Die arme Witwe findet den verlorenen Groschen wieder, die ausländische Frau darf wenigstens von den Brosamen satt werden und ihr Kind wieder gesund, der reiche junge Mann soll dagegen erst einmal all sein Hab und Gut verkaufen. Verkehrte Welt mag man meinen. Ausgerechnet die Armen und Verfolgten werden seliggepriesen. Kein Wunder hat man Jesus für verrückt erklärt, und das von seiner eigenen Verwandtschaft (Mk 3,21). Bis heute haben wir ja keinen Grund, vollmundig davon zu sprechen, dass sich diese neue Wirklichkeit durchgesetzt habe – und predigen es doch regelmäßig. Damit kommt man gleich in die gute Gesellschaft der Narren in Christo (1 Kor 4,10). Es mag lächerlich erscheinen, und doch ist es die stärkste Kraft, die das Christentum hervorgebracht hat: im Kleinen, im anscheinend Unbedeutenden und anlässlich größter Not die Hoffnung nicht zu verlieren, andere Maßstäbe anzulegen, das Denken und Handeln neu auszurichten. Das tut der Humor im Übrigen auch, auch wenn er freilich nicht auf das Evangelium ausgerichtet ist. Doch die Hoffnung und den Perspektivwechsel teilt er mit dem Glauben.

HINTER JEDER ECKE LAUERN EIN PAAR RICHTUNGEN

Von dort könnte es ja Perspektiven geben, die bislang noch gar nicht im Blick waren. An solchen Perspektiven und den daraus resultierenden neuen Deutungsmöglichkeiten sind Menschen mit Humor interessiert. Sie wollen immer wieder Entdeckungen machen, Dinge neu und anders sehen und dabei das Staunen nicht verlieren. Das haben sie mit den Kindern, aber auch mit den Jüngerinnen und Jüngern gemein. An so vielen Stellen ist davon die Rede, wie sehr sie sich wunderten. Das ist der Anfang neuer Sichtweisen, neuer Erkenntnisse, neuer Deutungen. Der Haltung des Humors liegt die Einsicht zugrunde, dass Deutungen relativ und beschränkt, kontextuell und erfahrungsbezogen sind. Absolutsetzungen jeglicher Art begegnet der Humor nicht nur mit Skepsis, sondern auch mit dem Vergnügen, diese zu widerlegen. Wer einen Sinn für Humor hat, wird daher an dialogischen und nicht monologischen Kommunikationsverfahren interessiert sein. Rechthaberei oder gar Besserwisserei passen so gar nicht zu einem humorvollen Verhalten. Und einen größeren Gegensatz als den zwischen Fundamentalismus und Humor kann ich mir kaum vorstellen.

HUMOR – DER SAFT DES LEBENS

Humor heißt von seiner Wortbedeutung her „Feuchtigkeit“, „Flüssigkeit“. Der Begriff stammt aus der Medizin und bezeichnete seit der Antike bis zur Aufklärung die wesentlichen Körpersäfte, die humores cardinales, die möglichst im Fließgleichgewicht sein sollten. Aus der Temperamentenlehre ist noch bekannt, dass zu viel heißes Blut einen Sanguiniker macht, der Choleriker über zu viel gelbe Galle, der Melancholiker über zu viel schwarze Galle und der Phlegmatiker über zu viel Schleim verfügt. Was einst als Veranlagung für bestimmte Krankheiten galt, macht später die Laune oder Gemütsverfassung eines Menschen aus. Inzwischen ist ein humorvoller Mensch einer, der Bewegung in Festgefahrenes, Starres, angeblich Eindeutiges und Unumstößliches bringt. Das Verflüssigen ist dem Humor geblieben, auch wenn der Begriff längst seinen medizinischen Kontext verlassen hat. Starres verflüssigen – dies geschieht sicher nicht aus einer puren Laune heraus, sondern aus einer humanitären Gesinnung, die alle Menschen gleichermaßen zur Geltung bringen möchte.

AUGE IN AUGE MIT HUMOR

Kirchen, das Militär oder das Krankenhaus bilden hierarchische Strukturen aus, die einerseits wichtig und mitunter auch völlig überzogen sind. Sie sind gefundene Orte für Humor. Ein Pflegeteam hatte auf einer Station eine Karikatur angebracht, die den Chefarzt zeigt, wie er auf einer Sänfte durch den Krankenhauskorridor getragen wird. Bei seiner Visite nun entdeckt der Chefarzt die Karikatur und bleibt für eine lange Zeit davor stehen. Betretenes Schweigen bei den Anderen. Auf einmal dreht sich der Chefarzt zu seinem Team um und fragt: „Ist es wirklich so schlimm?“ Eine Karikatur aufzuhängen, das zeugt noch nicht von Humor. Aber als Betroffener einer karikierend überzogenen Kritik ertappt zu werden, darüber ins Nachdenken zugeraten und mit einer seinerseits überzogenen Rückfrage zu parieren, das ist sehr wohl Ausdruck von Humor. Er hätte wütend werden können, seine leitende Position erst recht behaupten, gar nach den Verantwortlichen fragen. Aber nein, in diesem Moment der Hinwendung an die Anderen gerät die Hierarchie ins Wanken. Ein Gespräch wird angezettelt und hoffentlich nutzen sie es und sprechen darüber, was die bestehende Ordnung eventuell unerträglich macht oder inwiefern sie die Arbeitsabläufe positiv stabilisiert. Dem Humor ist an einem Kontakt auf Augenhöhe ebenso sehr gelegen wie dem christlichen Glauben. Hier und da konstituieren Respekt, gegenseitige Achtung und Anerkennung das Miteinander. Nächstenliebe und Gottebenbildlichkeit sind Begriffe, mit denen der Glaube die besondere Nähe und Augenhöhe mit anderen Menschen qualifiziert.

Da der Chefarzt humorvoll reagiert hatte, dürfte so ein Gespräch durchaus von Lachen begleitet sein. Hat das Pflegeteam bislang über den Chef gelacht, so lacht der Chef jetzt über sich und alle lachen miteinander.

SICH SELBST ERNST NEHMEN, ABER AUCH WIEDER NICHT ZU ERNST

Lachen die einen über den Anderen, nennen wir es Schadenfreude. Lache ich über mich selbst, nenne ich es Humor. Kann ich mit Anderen zusammen über mich lachen, halte ich das für eine besonders hohe Form des Humors. Humor erwächst aus der Haltung, auch sich selbst immer wieder neu und anders anschauen und der eigenen Starrheit im Denken oder Handeln durch Verflüssigungen begegnen zu können. Kurzum: Humor zeigt sich darin, sich nicht zu ernst zu nehmen, nicht die eigenen Meinungen, die jeweilige Position nicht, nicht das angesammelte Wissen, auch nicht die gewählten Glaubenssätze. Ja, diese Relativierung ist durchaus auch auf den Glauben zu beziehen, erkennen wir doch, wie oft wir auch hier Suchende, Zweifelnde, Forschende, Fragende sind, und unsere Erfahrungen dogmatische Richtigkeiten herausfordern oder sogar ins Wanken bringen. Ein lebendiger Glaube wird hier, gleich dem Humor, neugierig bleiben, entdeckungslustig und bereit zum Staunen. Doch der Humor kann dem Glauben auch zu einem wichtigen Korrektiv werden und diesen vor Fanatismus bewahren.

CLOWNIN GOTT

Nicht weil ich mich über Gottesvorstellungen oder gar über Gott selbst lustig machen wollte, habe ich vor einiger Zeit die Metapher der Clownin Gott entwickelt. Dass Jesus als verrückt erklärt wurde und Paulus uns als Narren in Christo bezeichnet hat, waren für mich maßgebliche Gedanken. Aber der entscheidende Einfall verdankte sich der Einsicht, dass die metaphorische Gottesrede noch metaphorischer werden muss, damit sie als solche zur Geltung kommt. Adler, Fels, Bärenmutter, König, Herrscher – in der Bibel wimmelt es von Bildern aller Art. Keines will Gott festlegen und doch erscheinen Gottesbilder oft wie das goldene Stierbild, über das Gott einst so wütend wurde. Warum also nicht eine sehr schräge Metapher, die geradezu bilderstürmerisch wirkt? Eine Metapher, die Gottes schöpferische, unerwartbare, herrschaftskritische Kraft herausfordernd und frech zum Ausdruck bringen will? Eine Metapher, die humorvoll verflüssigt und sich dabei selbst ernst, aber auch nicht zu ernst nimmt – so wie es sich für jede Metapher gehören würde?

CLOWNIN MENSCH

Das wäre dann das Bild des Gott entsprechenden Menschen. Jeder Mensch ein Clown oder eine Clownin und damit weit mehr als ein toll-patschiger bunter Kerl mit zu großen Schuhen. Eher eine zuversichtliche Person mit der Strandmatte unterm Arm oder ein Spaziergänger, der sich über Tauben auf dem Dach und Kühe auf der Weide freut. Ein Mensch, der sich selbst nicht absolut setzt, sondern sogar Mut zur eigenen Komik hat. Ein unerschütterlich neugieriger Mensch, der das Staunen noch nicht verlernt hat. Der im Wissen um die eigene Unvollkommenheit umso beherzter an Gottes gerechter Welt mit arbeitet und sich trotzdem noch an den Lilien auf dem Feld freut. Das Schwere wäre schwer, und es wäre möglich, gerade darin das Leichte zu heben (Pfandl-Waidgasser). Tragik würde Tragik bleiben, und doch wäre darin noch Komik zu entdecken. Dem Tod wäre nicht das letzte Wort überlassen, sondern selbst darin und darüber hinaus noch das Leben aufspürbar.

SEELSORGE – CLOWNESK HUMORVOLL

Freilich ist Seelsorge kein Strandspaziergang! Doch wenn es gut geht, kann man durchaus gemeinsam bei einem Picknick landen. Ein Pfarrer beschreibt, wie er einen Geburtstagsbesuch bei Russlanddeutschen macht. Geburtstag hat die Frau, die unentwegt von Küche zu Wohnzimmer eilt, um dem hohen Gast Leckereien aufzutischen. Der Ehemann wirkt abweisend, bis er die Flasche Wodka hervorholt und dem Gast Glas um Glas einschenkt. Der Pfarrer ist permanent damit befasst, sich abzugrenzen und sucht fieberhaft nach einer guten Ausrede, die ihm einen Abgang erleichtern könnte. Hier ist kein einziges seelsorgliches Gespräch möglich, auch wenn die Sprache selbst nicht der Hinderungsgrund ist.

Bei einer clownesken Improvisation entstehen allerdings überraschende Möglichkeiten in dieser an sich schon witzigen und doch auch tragischen Situation. Eine Pfarrerin übernimmt die Rolle und gerät in Clownsmanier ins Entzücken über all die Speisen. Besonders der Kuchen ist dermaßen köstlich, dass sie die Hausfrau nach dem Rezept fragt. Das verschafft ihr den Zutritt zur Küche und schon sind die beiden Frauen unter sich und tauschen so manches gute Wort aus. Ein weiterer Pfarrer entdeckt die vielen Fotos an den Wänden und lässt sich bald von dem Paar alte Geschichten erzählen. Das Essen ist nicht mehr so wichtig. Stattdessen wird gemeinsam ein bisschen getrauert und gelacht. Noch eine Variante: der Besuch wird am Abend abgehalten, damit man auch kräftig essen und trinken kann. Und der Tipp: nippen Sie nur am Glas, damit nicht ständig nachgeschenkt werden kann!

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