Heribert Arens / Martino Machowiak

Lebendig alt sein

Franziskanische Akzente

herausgegeben von Mirjam Schambeck sf und Helmut Schlegel ofm

Band 26

HERIBERT ARENS

MARTINO MACHOWIAK

Lebendig alt sein

echter

Inhalt

Wie alt bist du? – ein Vorwort

Meditation

1. Faszination Alter – „erst jetzt!“

Das Alter – eine faszinierende Lebensphase

Was will ich erst jetzt?

Was kann ich erst jetzt?

Biblische Vertiefung

Anregungen aus franziskanischer Spiritualität

Meditation

2. Zumutung Alter – „nicht mehr!“

Alterserscheinungen

„Jetzt bin ich nichts mehr!“

Die Krone deiner Würde reicht dir Gott, aber du selbst musst sie dir aufsetzen

Altersängste

Biblische Vertiefung

Anregungen aus der franziskanischen Spiritualität

Meditation

3. Altersweisheit – Leben ist Fragment

Fragment – eine befreiende Dimension

Die Entdeckung des Unvollendeten

„… fang den Tag nicht mit den Scherben von gestern an“

Das Fragmentarische bejahen

Sterben und Tod

Biblische Vertiefung

Paulus: „Stückwerk“

Fragmentarisches im Leben Jesu

Fragmentarisches im Leben Marias

Fragmentarisches im Leben des Petrus

Anregungen aus der franziskanischen Spiritualität

„Wir haben nichts fertiggebracht“

Erlösungs-bedürftig

Und der Tod?

Meditation

4. Altersreife – Loslassen und freigeben

Loslassen

Freigeben

Versöhnung mit den Wunden der eigenen Lebensgeschichte

Was beim Loslassen hilft und was hindert – Chancen und Fallen

„Rückwärtsblickend vorwärtsschauen“

„erst noch“

„Gleich-gern-ganz“

Stimmen von außen

Biblische Vertiefung

Anregungen aus der franziskanischen Spiritualität

Meditation

5. Altersglaube – Frömmigkeit und Gebet

Glauben im Alter

Gottesbild im Alter

Beten im Alter

Biblische Vertiefung

Anregungen aus der franziskanischen Spiritualität

Meditation

„… aber versuchen will ich ihn“ – ein Nachwort

Anmerkungen

Zum Weiterlesen

Abkürzungsverzeichnis

LEBENDIG

alt sein

in allen Lebensphasen

mit Chancen und Begrenzungen

LEBENSLUST

Wie alt bist du? – ein Vorwort

Wann eigentlich beginnt das, was wir „Alter“ nennen? „Im hohen Alter von 92 Jahren“, sagen wir, aber auch „im zarten Alter von drei Monaten“. In jedem Lebensalter ist von „Alter“ die Rede, ganz gleich ob es neun Tage oder neunzig Jahre sind. Alter bemisst sich nicht nur nach dem Kalender. Sobald ich das Licht der Welt erblicke, fängt das Alter an. Fragst du den kleinen Knirps „Wie alt bist du?“, reckt er dir stolz drei kleine Fingerchen entgegen: „Drei!“ Fragst du einen an Jahren alten Menschen nach seinem Alter und hörst die Antwort „84“, kommt gern der Kommentar dazu: „Ich kann es selbst kaum glauben!“ Das Alter begleitet uns durch alle Jahre unseres Lebens. Immer sind wir alt.

Dennoch hat das Wort „Alter“ einen besonderen Klang, wird es doch bevorzugt verwendet, wenn viele Lebensjahre zusammengekommen sind. Bei der derzeitigen demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft reicht es nicht mehr, von der dritten oder vierten Lebensphase zu sprechen. Inzwischen nehmen wir bewusst die Phase der Hochaltrigkeit wahr,1 beginnend so um die Lebensjahre +/–85.

Das objektive Alter, gemessen an Jahren, sagt einiges, aber nicht alles über einen Menschen. Manche sind mit 45 Jahren innerlich vergreist, andere sind mit 90 geistig frisch – und nicht selten auch körperlich fit. Beides macht den Menschen zwar nicht an Jahren jünger oder älter, aber es gibt den Jahren eine eigene Qualität: Frische, Energie, Lebenslust auf der älteren, Initiativlosigkeit, Trägheit, Unbeweglichkeit auf der jüngeren Seite. Alter definiert sich nach der Anzahl der Jahre, aber das ist nicht die einzige Definition.

„Man kann nicht früh genug anfangen, alt zu werden“, sagt der Volksmund. Das will nicht sagen, dass ich als Kind schon lernen soll, ein Greis zu sein. Vielmehr ist es die beste Vorbereitung auf die hochbetagten Lebensjahre, wenn der Mensch der Phase gemäß lebt, in der er sich befindet: Bist du ein Kind, lebe wie ein Kind. Bist du ein Jugendlicher, lebe wie ein Jugendlicher. Bist du in der Lebensmitte, lebe diese Phase. Einüben ins hohe Lebensalter geschieht dadurch, dass ich einfach jede Lebensphase im Hier und Heute so lebe, wie es ihr angemessen ist. Dann bin ich vorbereitet, auch im Altsein entsprechend zu leben.

Die Altersforschung kennt für diese Phase viel Anregendes. Dabei geht es nicht nur um Pragmatisches, sondern auch um Spirituelles, um Nahrung für Geist und Seele. Dazu haben wir Nachdenkenswertes in der Hl. Schrift und auch rund um das Leben des heiligen Franziskus entdeckt. In diesem Dreiklang – Lebenshilfe, Biblisches, Franziskanisches – sind die Überlegungen des vorliegenden Bandes entstanden.

Dieses Buch haben wir zu zweit in folgender Arbeitsweise geschrieben:

Gemeinsam haben wir Kurse zum Thema „Alter“ erarbeitet und mit zahlreichen Teilnehmern und Teilnehmerinnen durchgeführt. Viele Früchte sind aus der Kursarbeit entstanden und in die Überlegungen dieses Buches eingeflossen. Wichtige Stichworte aus unserem Buch „Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt“ – siehe Literaturhinweise „zum Weiterlesen“ – haben wir aufgegriffen, weitergeführt und vertieft, denn sie sind uns für die Behandlung des Themas wichtig. P. Heribert Arens schrieb die ersten Textentwürfe, Sr. Martino Machowiak hat sie durchgearbeitet, gekürzt oder erweitert – und zu einem Gedanken aus jedem Kapitel eine kurze vertiefende Meditation geschrieben.

Lange haben wir in der Entstehung dieses Buches vom „Altwerden“ gesprochen. Die Reflexion des eigenen Lebensalters ließ uns spüren: Es geht nicht um Altwerden, sondern um Altsein. Diese Sichtweise unterstreicht James Hillmann in seinem Buch „Vom Sinn des langen Lebens“2. Er entfaltet, dass wir Dinge gerade deshalb schätzen, weil sie alt sind. Das sollte auch für den alten Menschen gelten. Dazu braucht es ein Umdenken. Wir sprechen, so Hillmann, zu viel von „altern“. Altern aber meint einen Prozess mit einem Abwärtssog, der im Tod endet. Hier und heute alt sein aber bedeutet einen großen Wert, denn es weiß um den Reichtum an Leben und Erfahrung. Um das zu erkennen und zu bejahen, braucht es den Mut, alt zu sein.

Diese Lebensphase „Altsein“ soll uns nicht ächzend und depressiv vorfinden, sondern lebendig und mit Lust am Leben. So entstand der Titel: „Lebendig alt sein“. Mit Freude übergeben wir Ihnen unsere Gedanken.

Dieses Manuskript konnten wir Ende März abschließen. Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie geben wir es aus der Hand. Der alte Mensch ist durch dieses Virus besonders gefährdet, weil sein Immunsystem an Stärke verloren hat und in Konfliktsituationen dem Leben von Jüngeren ein Vorrang eingeräumt wird. Unser Wunsch ist es, dass viele alte Menschen die Pandemie überleben und auch weiterhin ein Schatz unserer Gesellschaft sind.

Dorsten/Neuenbeken, März 2020

P. Heribert Arens ofm – Sr. Martino Machowiak cps

Meditation

ich bin alt

ich

werde alt

oft zu hören

bei betagten menschen

aber wieso

ich werde alt –

nein

ich bin alt

ich darf alt sein

in gelassenheit

und

in dankbarkeit

für alles

was erst jetzt möglich wird