THEMA

Ramadan in Brandenburg

Signaturen des christlich-muslimischen Dialogs in Deutschland

Von Anja Middelbeck-Varwick

Interaktive Theologie

Wie der Religionsdialog weitergehen kann

Von Felix Körner SJ

Interaktiv interreligiös? Das Gespräch mit dem Islam im christlichen Verstehenshorizont

Die Replik von Anja Middelbeck-Varwick auf Felix Körner SJ

Was kann eine katholische Islamtheologie?

Die Replik von Felix Körner SJ auf Anja Middelbeck-Varwick

Die Vielfalt des Islam

Aus der Sicht einer liberalen Imamin

Von Rabeya Müller

PROJEKT

Islamische Seelsorge ist Ausdruck von Barmherzigkeit – Die Ibn Rushd-Goethe Moschee in Berlin

Von Seyran Ateş

INTERVIEW

„Religionskritik gehört zum Erbe der Aufklärung“

Ein Gespräch mit Susanne Schröter

PRAXIS

Abrahams Kinder – eine KiTa, geboren im Schoß gemeinsamen Ursprungs

Von Martin Wrasmann

Junge Muslime ganz anders

Von Bernd Ridwan Bauknecht

„Islamische feministische Theologie“ oder: wie weiblich denkt der Koran?

Von Ayfer Dağdemir

Unabhängig, muslimisch, deutsch: Die Gebetsbeduinen in München

Ein Feature

Von Antje Dechert

Eine positive muslimische Identität stiften

Bericht aus zwei Jahren Arbeit der Alhambra Gesellschaft

Von Nimet Seker

FORUM

Bach – Gott und die Menschen

Kanzelrede am 29.04.2018 in der Neupfarrkirche Regensburg

Von Stefan Baier

POPKULTURBEUTEL

Chindōgu

Von Bernhard Spielberg

NACHLESE

Re: Lecture

Von Erich Garhammer

Buchbesprechungen

Impressum

Ute Leimgruber Mitglied der Schriftleitung

Liebe Leserin, lieber Leser,

„der Islam ist Teil Deutschlands und Europas.“ 2006 wurde dieser Satz bei der ersten Islamkonferenz vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble geprägt. Das Zitat verselbstständigte sich, wurde wiederholt und variiert – und von Anfang an hat es vielfältige Zustimmungs- und Abwehrreaktionen hervorgerufen. Zwischentöne sind jedoch eher selten zu vernehmen. Dabei gibt es in Deutschland z. B. Lehrstühle für islamische Theologie, es werden vielerorts ideologiekritische Auseinandersetzungen geführt, christlich-muslimische Projekte und christlich-muslimischer Dialog sind aus den Kommunen oft nicht mehr wegzudenken. Die „Lebendige Seelsorge“ möchte gegen antimuslimische Ressentiments und apologetische Diskurse mit Menschen muslimischen und christlichen Glaubens und ihren Erfahrungen ins Gespräch kommen.

Die Beiträge von Anja Middelbeck-Varwick und Felix Körner SJ umreißen auf je eigene Weise den Beitrag des Christentums in einem offenen und gleichberechtigten Gespräch mit dem Islam. Die Imamin Rabeya Müller blickt aus der Sicht einer liberalen Muslimin auf die Vielfalt eines Islam, der „keinen Zwang im Glauben kennt“ (Q’uran, Sure 2:256). Die weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannte Ibn Rushd-Goethe-Moschee wird von ihrer Gründerin Seyran Ateş als Ort einer der Barmherzigkeit verpflichteten Seelsorge vorgestellt. Im Interview macht Susanne Schröter, Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, die Heterogenität muslimischen Lebens und die Komplexität der Debatten deutlich.

Zwischen den großen Abhandlungen über „den Islam“ und „die Muslim*innen“ in politischen, sozialen und religiösen Zusammenhängen gibt es einiges an „Praxis“ zu entdecken: Martin Wrasmann berichtet von der bundesweit ersten christlich-muslimischen Kindertagesstätte „Kinder Abrahams“. Antje Dechert erzählt von „Gebetsbeduinen“, die sich mit stets wechselnden Gebetsräumen auch das urbane München auf besondere Weise erschließen. Ob junge Muslim*innen tatsächlich „ganz anders“ sind, beleuchtet Bernd Ridwan Bauknecht mit Blick auf den islamischen Religionsunterricht. Ayfer Dağdemir stellt die Frage, „wie weiblich“ der Koran denkt und beantwortet sie aus islamfeministischtheologischer Sicht. Debatten- und Denkräume für Muslim*innen zu öffnen, hat sich die Alhambra Gesellschaft zur Aufgabe gemacht: Nimet Seker stellt die Gesellschaft und ihr Programm vor.

Die „Lebendige Seelsorge“ macht sich auf Entdeckungsreise in ganz unterschiedliche Gegenden des konkreten Lebens, Denkens und Glaubens von Muslim*innen hinein. Lassen Sie sich von dieser Entdeckerfreude anstecken! Eine erfrischende Reiselektüre wünscht Ihnen

Prof.in Dr. Ute Leimgruber

Ramadan in Brandenburg

Signaturen des christlich-muslimischen Dialogs in Deutschland

„Ramadan in Brandenburg“ – so titelte im Mai dieses Jahres ein Beitrag des rbb, der davon handelte, wie der muslimische Fastenmonat in Potsdam und Frankfurt-Oder in besonderer Weise von den Moscheegemeinden zum Dialog mit Anders- oder Nichtglaubenden genutzt wird. Doch welcher „Dialog“ mit und über „den Islam“ findet in Kontexten wie diesen statt? Anja Middelbeck-Varwick

Der christlich-muslimische Dialog in Deutschland ist aktuell von sehr gegenläufigen Entwicklungen geprägt: Einerseits wirken die zunehmende gesellschaftliche Religionsskepsis sowie eine sich neu artikulierende Islamfeindschaft negativ auf das Gespräch zurück. Andererseits hat sich der Dialog seit Jahrzehnten in Wissenschaft und Praxis etabliert und weiter ausdifferenziert, sodass hier inzwischen jenseits der klassischen Streitfragen zahlreiche Themen gemeinsam bearbeitet und vertieft werden können.

Dass nahezu jede islambezogene Debatte in diesen Tagen hoch aufgeladen ist, ist hinlänglich bekannt: „Die Muslime beten uns noch in Grund und Boden!“, formulierte ein Teilnehmer einer kirchlichen Fortbildung zum Thema Islam, um seine Angst vor den vermeintlich „bekenntnisstarken“ muslimischen Gläubigen auszudrücken. Das Bedürfnis, sich kritisch vom Islam abzugrenzen und ihn als die „ganz andere“ Religion zu konturieren, scheint auch in katholischen Kreisen wieder zuzunehmen. Ein Beispiel hierfür sind Positionen, wie sie im Umfeld des Forums Deutscher Katholiken vorgetragen werden, in denen schablonenartig naive, „unkritische Islam-Bewunderer“ und vermeintlich „faktenbasierte“, realistische Sichtweisen auf den „wahren Islam“ in aufklärerischer Experten-Manier opponiert werden.

So schreibt der Schirmherr des diesjährigen Jahreskongresses, Werner Münch, in einer Rede von 2016: „Und es ist außerordentlich erstaunlich, in welcher leichtsinnigen, ja geradezu unverantwortlichen Weise sich auch hohe Repräsentanten unserer Kirchen zum Islam äußern […]. Es wäre besser, wenn sich die Verantwortlichen in unseren Kirchen falscher und absurder öffentlicher Darstellungen enthalten und sich stattdessen Gedanken darüber machen würden, wie man den häufig von Muslimen drangsalierten und verfolgten Christen in deutschen Flüchtlingsheimen helfen kann“ (Münch, 10-11).

Diese Aussage steht nicht nur exemplarisch für eine generell extrem polarisierte und politisierte Debatte über „den Islam“, wie sie sich schon weit vor 2015 in Deutschland abzeichnete, sondern auch für einen vehementen Widerspruch seitens „rechtgläubiger“ Kreise gegen die Aussagen des Lehramtes der römischkatholischen Kirche über den Islam.

Anja Middelbeck-Varwick

geb. 1974, Prof. Dr., lehrt katholische Theologie an der Europa-Universität Flensburg; Forschungsschwerpunkte auf dem Gebiet der interreligiösen und interkulturellen Theologie; entsprechend engagiert sie sich auch kirchlich besonders für die Fragen des Dialogs und der Weltkirche.

ISLAM IN DER KRISE?

Die Annahme eines im Aufwind befindlichen, entschieden auftretenden Islams entspricht mindestens in Deutschland kaum den Entwicklungen innerhalb der vielgestaltigen islamischen Communities. Die im Auftrag der Deutschen Islamkonferenz (DIK) erstellte Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“ kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass die muslimischen Migrantinnen und Migranten im Vergleich zu der deutschen Gesamtgesellschaft nicht auffällig religiöser seien (vgl. MLD 2008, 13).

Mehr noch: Der Religionswissenschaftler Michael Blume spricht sogar von einer tiefen „Krise des Islam“ und einem „stillen Rückzug“ vom muslimischen Glauben und seiner Praxis. Hingegen äußerte die Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus, dass zumindest hierzulande keinesfalls von einer grundlegenden Krise des Islam zu sprechen sei, sondern vielmehr von einem Islam „in Bewegung“: Viele für das alltägliche Zusammenleben in Deutschland bedeutsame Veränderungen vollzögen sich hierbei „völlig geräuschlos“, jenseits größerer öffentlicher Aufmerksamkeit, wie beispielsweise rechtliche Änderungen in Bestattungsfragen. Auch die unaufgeregte Etablierung des Begriffs des „Religionsverfassungsrechts“ neben dem des „Staatskirchenrechts“ zeige die sich vollziehenden Wandlungen an.

Zweifelsohne kann notiert werden, dass das Einbringen und Einbeziehen islamischer Perspektiven inzwischen z. B. an Kitas, Schulen und Universitäten sowie in diversen Bereichen der Seelsorge selbstverständlich geworden ist. Dies gilt gleichermaßen für die Übernahme gesellschaftlicher Aufgaben, wie etwa im Einsatz für geflüchtete Menschen oder den Klimaschutz. Diese Normalisierungs- und Etablierungsprozesse decken sich keinesfalls stets mit der öffentlichen Wahrnehmung des Islams in Deutschland, die ambivalent und vielfach angstbesetzt und vorurteilsbehaftet bleibt.

Hinzu kommt, dass auch de facto keinesfalls alles immer nur konfliktfrei verläuft: Besorgniserregend ist z. B., dass in NRW die Zahl der vom Verfassungsschutz wegen extremistischer Bewegungen beobachteten Moscheen im letzten Jahr deutlich angestiegen ist: Insgesamt stehen dort derzeit 109 der 805 Moscheen in NRW unter Beobachtung, davon 70 unter Salafismusverdacht. Die (weltweite) Zunahme des extremistischen Islamismus stellt ein massives Problem dar.

VERÄNDERUNG DER MUSLIMISCHEN LANDSCHAFT

Insgesamt hat sich in jüngster Zeit das Feld der muslimischen Akteurinnen und Akteure in Deutschland weiter ausdifferenziert. Infolge der Einrichtung der Deutschen Islamkonferenz (DIK) wurde seitens der großen muslimischen Verbände 2007 eine davon unabhängige Einrichtung geschaffen: Der Koordinationsrat der Muslime, der zwar bisher noch nicht die angestrebte Relevanz gewinnen konnte, aber gleichwohl seine Strukturen kontinuierlich ausformt.

Parallel zu den muslimischen Verbänden entwickelten sich – auch virtuell – neue muslimische Dialog-Formate von Gewicht, wie z. B. die in Köln angesiedelte der Alhambra-Gesellschaft. Als fachwissenschaftlich fundiertes Themenportal für den „Dialog mit der islamischen Welt“, also auch über den hiesigen Kontext hinaus, hat sich die Seite „Qantara.de“ erfolgreich etabliert. Eine weitere alternative Institution zur Information und Begegnung mit dem Islam ist beispielsweise die im Berliner Kontext gegründete „Deutsche Islam Akademie“.

Diese im Aufbau befindliche Akademie mit ihren vielfältigen Foren ist wiederum nicht zu verwechseln mit der ähnlich benannten, schiitischen Studien-Einrichtung, der „Islamischen Akademie Deutschland“ in Hamburg: Diese bietet in Kooperation mit der iranischen Al-Mustafa University Qom einen Bachelor-Studiengang mit besonderem Fokus auf die islamisch-schiitische Theologie an. Ihre Struktur ist vergleichbar mit dem 2016 gegründeten „Al-Mustafa Institut für Kultur-, Humanwissenschaften und islamische Studien“ mit Sitz in Berlin. Diese schiitischen Einrichtungen stellen Beispiele für herkunftsbezogene Islam-Institutionen dar, deren Verwobenheit mit den jeweiligen ausländischen politischen Interessen kritisch in den Blick zu nehmen ist.

Zu zahlreichen Diskussionen hat die viel beachtete Gründung der Ibn Rushd-Goethe-Moschee durch die Juristin Seyran Ateş in Berlin geführt. Die Moschee beansprucht gemäß ihrer Homepage, „einen progressiven, zeitgemäßen Islam, welcher mit Demokratie und Menschenrechten vereinbar ist“, zu vertreten. Dies wirkte provozierend innerhalb der etablierten deutschen muslimischen Verbands- und Moscheelandschaft. Zugleich verdeutlichte die nachfolgende (mediale) Etikettierung einmal mehr, wie problematisch einseitige Zuweisungen von (national-) „konservativ“ und (progressiv-) „liberal“ sein können, wenn sie die innere Komplexität und Vielfalt größerer Verbände oder Moscheegemeinden verdeckt.

In diesem Zusammenhang ist nennenswert, dass der „Liberal-islamische Bund e. V.“ (LIB) mit seinen Gemeinden in Berlin, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Hamburg das Kennzeichen „liberal“ nicht nur im Namen führt, sondern auch der Sache nach seit vielen Jahren in vielen Dimensionen vertritt, wie zum Beispiel das bemerkenswerte, kontinuierliche Dialog-Engagement von Rabeya Müller illustriert. Aufmerksamkeit erzielte sodann die umstrittene „Initiative säkularer Islam“, die die Eröffnung der vierten Deutschen Islamkonferenz (DIK) 2018 zum Anlass ihrer Gründung nahm. Ihr Anspruch besteht darin, einem bisher „unterrepräsentierten Spektrum innerhalb des Islam“ Sichtbarkeit zu verleihen. Dieser Initiative, deren Nachhaltigkeit sich noch erweisen muss, gehören Personen wie Cem Özdemir, Hamed Abdel-Samed oder Necla Kelek an.

VERÄNDERTER GESELLSCHAFTLICHER RAHMEN DES DIALOGS

Die skizzierten Entwicklungen bilden zugleich ein verändertes Setting für den interreligiösen Dialog, der sich gleichfalls in vielerlei Hinsicht neu herausgefordert sieht. Denn während es bis in die 1990er Jahre so schien, als seien interreligiöse Dialoge hierzulande quasi omnipräsent und die so genannte „Multikulturalität“ ein großes gesellschaftliches Ideal, haben sich diese Koordinaten gegenwärtig massiv verschoben. Die Ereignisse des 11. Septembers 2001 markierten nicht nur in Bezug auf das Gespräch mit „dem“ Islam eine verheerende Wende: Verstärkt wurden Zweifel am Sinn interreligiöser Dialoge laut, vermehrt wurde fortan problematisiert, warum und wozu dieser überhaupt geführt werde.

Diese Kritik wurde und wird verstärkt durch jene gesellschaftlichen Stimmen, die den Religionsgemeinschaften kritisch gegenüberstehen und vor allem den Islam als Quelle für Konflikte, Kriege und Gewalt betrachten. Eine solche Wahrnehmung ist in einer Zeit, in der Extremisten weltweit den Namen Gottes für ihre Schandtaten missbrauchen und angesichts andauernder weltweiter terroristischer Gräueltaten, durchaus nachvollziehbar. Zugespitzt wird zuweilen gefragt, ob es nicht besser um den Frieden bestellt wäre, wenn es keine Religionen gäbe.

Hinzu kommt, dass die gesellschaftlich verbreitete Islamfeindschaft selbst zur Ursache weiterer Probleme wird: Pauschalisierungen und Rassismus führen dazu, dass bestimmte Gruppierungen unseres Landes „den Islam“ vor allem als eine Bedrohung des „christlichen Abendlandes“ sehen und neue Abgrenzungsmechanismen befördern. Die Angst vor dem Islam in Europa ist hierbei keine Erfindung rechtspolitischer Bewegungen, sondern bestimmte die abendländische Islam-Wahrnehmung seit dem Mittelalter. Tief verankerte stereotype Bedrohungsszenarien können so in neuer Instrumentalisierung und leitkultureller Inszenierung wirksam werden. Doch auch schon in den hoch aufgeladenen Symboldebatten um Kopftuch und Kreuz spiegelt sich eine jahrhundertealte Konfliktgeschichte.

Katalysierend wirkt, dass die gesellschaftliche Debatte seit 2015 verstärkt von der so genannten Flüchtlingsdebatte mitbestimmt wird. Überaus problematisch ist, dass der muslimische Glaube seither in oft unzulässiger Verkürzung nur mehr wieder als Teil der aktuellen In-

tegrationsdebatte wahrgenommen und bewertet wird. Wie sehr schließlich der Themenkomplex „Religion, Migration und Integration“ in Deutschland zum Zentralthema des Selbstverständnisses und der Artikulation gesellschaftlicher Problemlagen wurde, hat die letzte Bundestagswahl deutlich gemacht.

ENTWICKLUNGEN IM CHRISTLICH-MUSLIMISCHEN DIALOG IN DEUTSCHLAND

Das christlich-muslimische Gespräch hat in besonderer Weise mit diesen Anfragen zu tun. Für dieses kann die „Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen (Nostra Aetate) des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) zu Recht bis heute als das katholische Grundsatzdokument gelten. Mit dem sich verdichtenden theologischen Interesse für den Islam kehren die seinerzeit vom Konzil offengehaltenen Fragen wieder.

Gewiss wurde die positive interreligiöse Öffnung des Konzils in den nachfolgenden Pontifikaten bestärkt und jeweils konturiert, so zuletzt im Februar 2019 durch die bemerkenswerte Unterzeichnung des gemeinsamen Dokuments „Über die Geschwisterlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“ von Papst Franziskus und Großiman al-Tayyeb in Abu Dhabi. Doch ist bis heute von einer über die Aussagen des Konzils hinausgehenden „Islamtheologie“ der katholischen Kirche leider kaum zu reden. Jedoch hat sich auch im kirchlichen wie theologischen Kontext im deutschen Kontext vieles weiterentwickelt. Hierzu wiederum nur wenige Schlaglichter auf den deutschen Kontext.

Ein Spiegelbild dieses wachsenden Interesses an Informationen über den Islam im kirchlichen Bereich ist beispielsweise die Entwicklung der Christlich-Islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle e. V. (CIBEDO) in Frankfurt-Sankt Georgen. Sie wurde 1978 als Einrichtung der Afrikamissionare gegründet und erledigt seit 1998 ihre Aufgaben im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz.

Seit inzwischen 15 Jahren liefert auch das bundesweite Theologische Forum Christentum-Islam wichtige Anstöße für die interreligiöse Debatte, zu dem jährlich etwa 130 Wissenschaftler/innen der religionsbezogenen Fächer in Stuttgart zusammentreffen. Ein ebenso wichtiger wie produktiver Impulsgeber für das Debattenfeld ist zudem das Zentrum für Komparative Theologie in Paderborn.

Zur Ausdifferenzierung der Diskurse im Feld der christlich-muslimischen Beziehungen trug wesentlich die Etablierung von fünf Instituten für islamische Theologie (Tübingen, Münster, Osnabrück, Erlangen und Frankfurt a. M.) im Jahr 2011 bei. Hinzu kommt das 2018 an der Berliner Humboldt-Universität gegründete Institut. Die Ausdifferenzierung vollzieht sich einerseits durch die Ausbildung islamischer Religionslehrerinnen und -lehrer und die Einführung dieses Unterrichtsfaches, andererseits durch die Weiterentwicklung des fachwissenschaftlichen Diskurses über Graduiertenschulen, Forschungsprojekte, Konferenzen und Publikationen. Eine immense Weiterentwicklung des Themengebietes im deutsch-sprachigen Raum ist in vollem Gang.

Zahlreiche Fort- und Weiterbildungen zum Thema „Islam“ für Religionslehrer/innen, pastorale Mitarbeiter/innen und Priester sind im kirchlichen Bereich etabliert und stellen einen wachsenden Sektor dar.

In der Dialogpraxis stellt aktuell die überaus angespannte politische Situation innerhalb der großen türkischstämmigen muslimischen Gemeinschaft ein Problem dar. Diese hat auch in religiösen Angelegenheiten zu starken Lagerbildungen geführt, die besorgniserregend sind. Die politischen Spannungen sind vor allem zwischen den Moscheen der DITIB und den Einrichtungen der Hizmet-Bewegung auszumachen, allerdings finden sich wenige vermittelnde muslimische Einrichtungen. Da vor allem die DITIB als langjähriger verlässlicher Partner in vielen lokalen Dialogprojekten involviert ist, stehen diese nun vielerorts auf dem Prüfstein. Mit welchem der Lager soll in der interreligiösen Zusammenarbeit kooperiert werden und was ist zu tun, wenn lange gewachsene interreligiöse Beziehungen oder gar persönliche Freundschaften unter den veränderten politischen Bedingungen fragwürdig oder zerbrechen werden?

Die Hochschule Sankt Georgen bietet Hörerinnen und Hörern als Zusatzstudiengang eine Einführung in den Islam im Hinblick auf die christlich-muslimische Begegnung an. Dieser vermittelt islamwissenschaftliche Grundkenntnisse, die in dem alltäglichen und beruflichen Zusammentreffen mit Musliminnen und Muslimen hilfreich sein können und bietet darüber hinaus einen Überblick über die Geschichte und Gegenwart der christlich-islamischen Beziehungen.

Dass es um den christlich-muslimischen Dialog in der Praxis hierzulande am Ende gut bestellt ist, zeigt hingegen die immer stärkere Etablierung einer „Iftar-Tradition“ im Fastenmonat Ramadan, in Brandenburg wie bundesweit. War das allabendliche Fastenbrechen in früherer Zeit eine „rein“