In der Stille
Wieviel Schönes ist auf Erden
Unscheinbar verstreut;
Möcht ich immer mehr des inne werden;
Wieviel Schönheit, die den Taglärm scheut,
In bescheidnen alt und jungen Herzen!
Ist es auch ein Duft von Blumen nur,
Macht es holder doch der Erde Flur,
wie ein Lächeln unter vielen Schmerzen.
Christian Morgenstern (1871–1914)
Inhalt
inspiration
Heft 2.19 • Muße
Editorial
Johannes Lieder
Nur Maschinen funktionieren immer
Christian M. Rutishauser SJ
Sabbat und Sonntag – Der Ruhetag als Tempel in der Zeit
Theodor Hausmann OSB
Mitten am Tag ein Innehalten, mitten am Tag ein kleines Glück
Irene Leicht
»Maria und Marta müssen Zusammengehen« (Teresa von Ávila) Über Kontemplation, Muße und Buße
Clarissa Vilain
Ernten, was wir nicht säen – von der Muße im pastoralen Alltag
Stephanie Koch
Haben Sie Zeit und Muße für …
Im Gespräch mit Alexander Beisenherz
Horror Vacui – oder warum kann ich nicht JETZT entspannen
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
Wie schön wäre es an diesem Tag einfach nur sein zu können. Einfach nur der eigenen Nase nach zu leben und nichts zu tun? Wie oft aber ist uns da der negativ besetzte Begriff der Faulheit im Weg und unser eigenes Ideal, fleißig und strebsam zu sein.
In diesem Heft steht das Thema Muße im Mittelpunkt. Die Muße als Schwester der Freiheit (Aristoteles) hat eine durchaus wechselvolle Bedeutungsgeschichte hinter sich. Galt sie in der Antike als das Ideal der Lebensgestaltung, als die erstrebenswerte Ruhe von (jeglicher) Arbeit, so wurde sie im Laufe der Zeit von einem Leistungs- und Arbeitsideal in die Ecke der Faulen und Künstler gestellt. Gemeint ist im Griechischen aber sicher nicht die reine Faulheit, sondern vielmehr die schöpferische Muße, wie auch die sprachliche Nähe zwischen schola (Schule) und scholé (Muße) nahelegt.
Heute begegnet uns diese Muße als freie Zeit zur Kreativität in verschiedenen Strömungen, nicht zuletzt in einer wachsenden DIY-Szene. Die Sehnsucht nach einer Zeit, die nur mir und meinem eigenen Studium um der eigenen Gestaltung dient und in der nicht ich dienen muss, ist heute sehr groß. Dies mag daran liegen, dass Erwerbsarbeit und Gewinnerhöhung einen hohen Stellenwert hat. Oder aber es ist doch darin begründet, dass der Mensch grundsätzlich diese Zeit braucht, die nicht von außen schon vorgestaltet ist und in der ich selbst Herrin über meine Zeit bin.
In diesem Heft haben wir kleine Texte, Aphorismen, Zitate für Sie eingestreut. Für Ihrer Muße Zeit oder einfach nur, um das Herz zu erfreuen.
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit mit diesem Heft,
Ihre