Wilhelm Bruners

Gottes hauchdünnes Schweigen

Auf seine Stimme hören

Franziskanische Akzente

herausgegeben von Mirjam Schambeck sf
und Helmut Schlegel ofm

Band 20

WILHELM BRUNERS

Gottes hauchdünnes
Schweigen

AUF SEINE STIMME HÖREN

echter

Herzlicher Dank geht an Eva Laux für die sorgfältige Zuarbeit bei den Korrekturen sowie an die Provinz Sankt Elisabeth der Franziskaner-Minoriten, OFM Conv. in Deutschland, für die finanzielle Unterstützung. Mirjam Schambeck sf und Helmut Schlegel OFM danke ich für die Einladung und Aufnahme meiner Überlegungen in die Reihe „Franziskanische Akzente“.

Ich widme Markus Roentgen, meinem geistlichen Begleiter, dankbar dieses Buch. Seine Weise, Gottes Stimme zu hören, hat mir in den letzten Jahren neue theologisch-spirituelle Räume erschlossen.

Inhalt

Vorwort

1. Biblische Gotteserfahrung und ihre Bildsprache

Die Karmelerfahrung und ihr Bild: Warum die Suche nach dem richtigen Gott ins „Kinderzimmer der Religion“ gehört und nicht weiterführt

Die Horeberfahrung: Warum wahre Gottrede das hauchdünne Schweigen in sich trägt

Der Damaskusauftrag: Warum im „hauchdünnen Schweigen“ dennoch die Frage: Was willst du hier, Elija? laut wird

Die Galiläaerfahrung: Warum die Gottrede durch das Wort Jesu an den Rändern noch eine neue Dimension bekommt

2. Spracherfahrungen mit der Gottrede

Die neue Frage: Warum Gott Ägyptisch lernt

Die Botschaft der Engel: Warum Frauen und Männer in der Nachfolge Jesu aus einem leeren Jesus-Grab zurück nach Galiläa geschickt werden – mitten ins Leben

Das hörende Herz: Warum allem Reden von, über und mit Gott das Hören vorausgeht

Gottes Sprachverstecke: Warum Gott in der Alltagssprache immer auch da zu Wort kommt, wo Menschen trotz allem an ihren Hoffnungen und Lebens-Visionen festhalten

3. Auf ein Wort zum Schluss

4. Anmerkungen

5. Zum Weiterlesen

glaube

für r.k.

er bewohnt in mir

ein zimmer nur zur miete

er ist oft unterwegs

er kommt und geht

unberechenbarer besucher

meist ist er ungepflegt

ein clochard unrasiert

er riecht nach welt

und behauptet

draußen sähe er

den himmel besser

auch bei nacht

wilhelm bruners

Vorwort

„Und es braucht eine neue Sprache für den Glauben. Eine Sprache, die sich nach Erde anfühlt, die nach dem Schweiß der Angst und der Arbeit riecht, eine Sprache mit dem Geschmack allen Glücks und aller Bitterkeit der Welt, die heutig klingt und die Augen öffnet für Gottes Welt – und was ihr entgegen steht.“1

Um diese „neue“ Sprache geht es in den vorliegenden Überlegungen. Bisher hatte die Kirchensprache der Gottesdienste und Katechesen den Primat im Sprechen mit und über Gott. Hinzu kamen mehr und mehr spirituelle Texte. Und schließlich gibt es die wissenschaftlichen Theologien mit ihren je eigenen, oft schwierigen Sprachspielen. Zur Umgangssprache der Menschen aber entstand ein immer tieferer Graben. Erst recht betraf dies in der Vergangenheit Lehrschreiben der vatikanischen Zentrale. Sie zu lesen blieb meist den Fachtheolog/-innen überlassen und, in seltenen Fällen, den Prediger/-innen. Nicht besser ergeht es bis heute den Briefen der „Hirten“ – mit wenigen Ausnahmen. Selten gelangt ein Bischofswort in die Kommentare der allgemeinen Medien, es sei denn, es nimmt (kontrovers) Stellung zu sozial-politischen oder allgemein ethischen und medizinischen Problemen.

Die folgenden Überlegungen gehen der Frage nach, wie heute von Gott zu reden ist, wenn er denn in der Kollektiverinnerung bleiben soll und nicht aus der Sprache verschwindet. Ist Gott sprachlich noch zu retten? Eine Überforderung für alle, die sich dafür verantwortlich fühlen? Muss die Frage nicht vielmehr lauten: Wie redet Gott heute den Menschen an, um in seiner Schöpfung und auch Kirche von Menschen wahrgenommen zu werden? Welche Sprache muss der Mensch lernen, wenn er Gott hören und verstehen will? Bedient sich Gott ausschließlich einer exklusiven Theolog/-innen- oder spirituellen Sondersprache? Oder ist seine Ansprache an uns nicht gerade voll menschlicher Freude, aber auch voll Schweiß und Angst und hat tatsächlich den „Geschmack allen Glücks und aller Bitterkeit der Welt“ (Peter Hundertmark), weil sie eine Sprache ist, die sich nach Erde anfühlt? – Diesen Fragen geht der Text nach und ermutigt, den eigenen Erfahrungen bei der Suche nach der Gottsprache in unserer Welt zu trauen.