Lukasz Strzyż-Steinert

ISRAEL ALS URGEHEIMNIS GOTTES?

 

Bonner

Dogmatische

Studien

Band 59

Lukasz Strzyż-Steinert

ISRAEL ALS URGEHEIMNIS GOTTES?

Die Analogik des christlich-jüdischen Verhältnisses bei Erich Przywara

echter

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Februar 2017 an der Päpstlichen Lateranuniversität in Rom als Dissertation angenommen und verteidigt. Für den Druck wurden einige Stellen stilistisch überarbeitet sowie die unterlaufenen Fehler korrigiert.

Die Beschäftigung mit der Vision des christlich-jüdischen Verhältnisses bei Erich Przywara regte mich nicht nur wegen der sperrigen Sprache und der nicht selten äußerst verwinkelten Gedankengänge dieses aus Kattowitz stammenden Autors an. Sie wurde auch zur spirituellen und existentiellen Herausforderung. Mit Erich Przywara verbindet mich, auch wenn durch einige Jahrzehnte getrennt und unter veränderten Bedingungen, die oberschlesische Heimat. An vielen Stellen glaubte ich spüren zu können, wie das, was Przywara sagt oder zu sagen versucht, mit der Erfahrung dieser Brücke zwischen Ost und West, die sich ständig neu als Gegensatzspannung zwischen verschiedenen Kulturen, Mentalitäten und Sprachen ereignen muss, zu tun hat. Dass jegliche gegensätzliche Spannung christlich nur im Blick auf das Verhältnis zwischen Christen und Juden verstanden und gelebt werden kann, ist mir zur Überzeugung geworden.

An dieser Stelle möchte ich allen danken, die die Entstehung dieser Arbeit ermöglichten und mittrugen. In besonderer Weise gilt dieser Dank meinem Doktorvater, Herrn Prof. Achim Schütz, der mich in diesen Jahren stets engagiert, wohlwollend und fachlich begleitete. Bereichernd und wegweisend war für mich immer der Austausch mit Herrn Prof. Michael Fuss. Des Weiteren danke ich allen Dozenten und der ganzen Gemeinschaft der Lateranuniversität.

Meinen Ordensoberen danke ich für die Freistellung zur Promotion. Dank empfinde ich auch meinen Mitbrüdern gegenüber, die mir in der internationalen Gemeinschaft Seminarium Missionum in Rom und im Kloster Reisach am Inn ein Zuhause schenkten.

Mein herzlicher Dank ergeht an die Angehörigen der Pfarreien in Neubiberg und München-Waldperlach, die das Studium ihres ehemaligen Seelsorgers mit regem Interesse verfolgten und auf vielfache und großzügige Weise unterstützten, an Herrn Dr. Clemens Brodkorb, Leiter des Archivs der Deutschen Provinz der Jesuiten in München, der meine Recherche wohlwollend begleitete, an Frau Dr. Celia Speth und Frau Barbara Villani, die die mühsame Aufgabe der Durchsicht dieser Doktorarbeit auf sich nahmen, sowie an meine Familie und an alle Freunde, die mir mit praktischer Hilfe und ermutigenden Worten beistanden. Vergelt’s Gott!

Rom, im Frühling 2018

Lukasz Strzyz-Steinert OCD

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungen

Einleitung

0.1 Fragestellung

0.2 Aufbau und Methode

1. Erich Przywara – der Denker und seine Welt

1.1 Welt der Brüche und Gegensätze

1.1.1 Gegensätzliche Geburtserde

1.1.2 Gesellschaft Jesu zwischen Kirche und Welt

1.1.3 Abgrund

1.2 Denkweg und Denkfiguren

1.2.1 Erich Przywaras eine Frage: Verhältnisbestimmung zwischen Gott und Welt

1.2.2 Polarität

1.2.3 Analogie

1.2.4 Theologia crucis et tenebris

1.2.5 Denken zwischen Dialog und „ungerechter Klassifikatorik“

1.2.6 Exkurs: Perplexität

1.3 Das christlich-jüdische Verhältnis in Przywaras Welt und Denken

2. Religionsphilosophische und offenbarungstheologische Verortung des christlich-jüdischen Verhältnisses

2.1 Hinführung: Religiöser Wettstreit angesichts der Herausforderung der Weimarer Zeit

2.1.1 „Katholische Wende“ und Przywaras Auseinandersetzung mit dem Protestantismus

2.1.2 Die jüdische Religionsphilosophie zu Beginn des 20. Jahrhunderts

2.2 Religionsphilosophische Auseinandersetzung in Przywaras Artikel „Judentum und Christentum“ (1925) und in der anschließenden Debatte

2.2.1 Die Hauptthesen Przywaras

2.2.2 Jüdische Reaktionen

2.2.2.1 Oskar Wolfsberg

2.2.2.2 Max Dienemann

2.2.2.3 Aussprache in Frankfurt

2.2.3 Schlusswort (1929) und Weichenstellung

2.2.3.1 Polarität und das Rätsel der innerweltlichen Existenz Israels

2.2.3.2 Korrelation als jüdische und protestantische forma mentis im Gegensatz zur katholischen analogia entis

2.2.3.3 „Gläubiger“ und „ungläubiger“ Antisemitismus

2.2.4 Exkurs: Jüdisch-christliche Zeitschrift „Die Kreatur“

2.3 Zwischen Religionsphilosophie und Offenbarungstheologie: Przywaras Interpretation von Quellen und Tradition des nachchristlichen Judentums

2.4 Offenbarungstheologische Verortung von Juden und Heiden im Bund Gottes mit dem Menschen

2.4.1 Analogia entis und offenbarungstheologisches Denken

2.4.2 Admirabile commercium als Mitte des Christlichen

2.4.3 Admirabile commercium als Prozess

2.4.4 Juden und Heiden als die eine Menschheit im Bund mit Gott

2.4.5 Christentum als Verhältnis zwischen Gott und Welt im Verhältnis zwischen Juden und Heiden

2.5 Zwischenbilanz und Ausblick

3. Analogia fidei als Methode der Schriftauslegung von Altem und Neuem Bund

3.1 Hinführung: Krise der Theologie und Frage nach der Schriftauslegung

3.2 Hintergründe von Przywaras Schriftauslegung: Das Alte Testament als Herausforderung

3.2.1 Das Alte Testament zwischen Allegorese und Wortsinn bei den Kirchenvätern

3.2.2 Joachim von Fiore und die Concordia zwischen Altem und Neuem Testament

3.2.3 Das Alte Testament zwischen liberaler und dialektischer Theologie

3.2.4 Das Alte Testament und der nationalsozialistische Angriff

3.2.5 Franz von Hummelauer und das Alte Testament im Strudel des Modernismusstreites

3.2.6 John Henry Newman als Neuinterpret der patristischen Exegese

3.3 Der Zusammenhang von Altem und Neuem Bund als „je immer größere Unähnlichkeit“ in „noch so großer Ähnlichkeit“

3.3.1 Analogia fidei als altchristliche Praxis und aktuelle Kontroverse

3.3.2 Analogie zwischen Altem und Neuem Bund „gemäß Christus“

3.3.3 Alter und Neuer Bund als Verheißung und Erfüllung

3.3.4 Alter und Neuer Bund im Zueinander von Gesetz und Kreuz

3.4 Die unauflösliche Einheit von Altem und Neuem Testament als Richtmaß des Christlichen

3.4.1 Die Einheit der Erlösungsordnung von Altem und Neuem Bund als „Kanon“

3.4.2 Einheit der Schrift und Einheit zwischen Gott und Welt in Bild und Symbol

3.4.3 Einheit im Logos

3.4.4 Einheit im Mysterium der Trinität

3.5 Die Schriftauslegung und ihre Sprache

3.5.1 Die ‚Juden‘ in der Schrift

3.5.2 Übersetzung

3.6 Der Rhythmus des Alten und Neuen Bundes als letzter Beweg-Grund der Theologie

4. Kirche in Bezug auf Israel

4.1 Hinführung: Die Eckpfeiler von Przywaras ekklesiologischem Entwurf

4.2 Israel, Christus und Kirche zwischen Typus und Erfüllung

4.2.1 Kategorien der Verhältnisbestimmung

4.2.2 Israel und Kirche im Geheimnis des Todes und der Auferstehung Christi

4.2.3 Israel und Kirche als „Braut-Hure“ der einen Hochzeit

4.2.4 Israel und Kirche als Typus und Erfüllung im Kreuz

4.3 Israel und die inkarnatorische Logik der Kirche

4.3.1 Leibhafte Gestalt

4.3.2 Messias und messianisches Volk: Gefahr der Verwechselbarkeit

4.3.3 Israel und Kirche zwischen Geist und Fleisch

4.3.4 Israel und Kirche als Werkzeug und Repräsentation Christi

4.4 Israel und die Einheit der Kirche

4.4.1 Die Kirche des Ursprungs zwischen Einheit der Agape und Streit

4.4.2 Die jüdische Verwurzelung und die Katholizität der Kirche

4.4.3 Ur-Riss und eschatologische Einigung

4.4.4 Ökumene der Gegensätze

4.4.5 Die Kirche und der Dialog mit dem Judentum

4.5 Edith Stein und Simone Weil: Zwei Jüdinnen und Christinnen als Symbol der Kirche im Geheimnis Mariens

5. Geschichtstheologie – „das Mysterium zwischen Jude und Heide als das Geheimnis jedes Weltalters“

5.1 Hinführung: Geschichtliche Krise und Krise der Geschichtstheologie

5.2 Geschichte als medium divini im Lichte der Offenbarung

5.2.1 Die Frage nach der geschichtlichen Offenbarung im Streit zwischen Integralismus und Modernismus

5.2.2 Hegel und Kierkegaard auf der Suche nach dem Sinn der Geschichte

5.2.3 Baeck und Tillich: Offenbarung in der Geschichte als kairos, oikonomia oder toledot?

5.3 Die Analogie von Altem und Neuem Bund als Grundsatz der Geschichtsinterpretation

5.3.1 Die Auslegung der Schrift und die Frage nach Gestalt und Gestaltung der Geschichte

5.3.2 Geschichte der Menschwerdung in der Apokalyptik von Altem und Neuem Bund

5.3.3 Geschichtlicher Umbruch als relative Endzeit von Altem und Neuem Bund

5.3.4 Trinitarische Spuren in der realgeschichtlichen Versöhnung der Gegensätze als Überwindung der trinitarischen Geschichtsspekulation

5.3.5 Verlauf der Geschichte als sich steigernde Analogie

5.4 Geschichtstheologie als Reichstheologie

5.4.1 Hintergründe: „Wo ist das Reich?“

5.4.2 Die „Metaphysik“ des Reiches

5.4.3 Reich, Volk und die „deutsche Frage“ im Lichte Israels

5.4.4 Künftiges Europa aus der Tradition des Reiches als „Jerusalem, das Tor der Völker“

5.5 Symbol Israel als Theologie der Stunde?

6. Ertrag in kritischer Wertung

6.1 Israel und die Frage nach dem analogischen Einheitsverhältnis zwischen Gott und Welt

6.2 Das christlich-jüdische Verhältnis und der interreligiöse Dialog

6.3 Israel im Christentum und Christentum angesichts Israels

6.4 Die Analogie von Altem und Neuem Bund als Mitte des Christlichen

6.5 Israel und Christentum an der Schnittstelle zwischen Religion und Politik

6.6 Begegnung mit dem Urgeheimnis Gottes?

Epilog

Literaturverzeichnis

Personenverzeichnis

Abkürzungen

Die Abkürzungen – außer den folgenden – richten sich nach R. SCHWERTNER, Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin – New York 1994.

1. DIE HÄUFIG ZITIERTEN WERKE VON ERICH PRZYWARA

ANB

Alter und Neuer Bund. Theologie der Stunde, Wien – München 1956.

Aug

Augustinisch. Ur-Haltung des Geistes, Freiburg im Breisgau 22000.

CEx

Christliche Existenz, Leipzig 1934.

ChrJoh

Christentum gemäß Johannes, Nürnberg 1954.

CM

Crucis Mysterium. Das christliche Heute, Paderborn 1939.

DSM I-III

Deus semper maior. Theologie der Exerzitien, 3 Bde., Freiburg im Breisgau 1938–1940.

H

Humanitas. Der Mensch gestern und morgen, Nürnberg 1952.

Her

Heroisch, Paderborn 1936.

IE

Idee Europa, Nürnberg 1956.

IuG

In und Gegen. Stellungnahmen zur Zeit, Nürnberg 1955.

KiG

Kirche in Gegensätzen, Düsseldorf 1962.

KK

Katholische Krise, Hrsg. und mit Nachwort versehen von B. GERTZ, Düsseldorf 1967.

L

Logos. Logos – Abendland – Reich – Commercium, Düsseldorf 1964.

M

Mensch. Typologische Anthropologie 1, Nürnberg 1959.

RdG I-II

Ringen der Gegenwart. Gesammelte Aufsätze 1922–1927, 2 Bde., Augsburg 1929.

S I

Frühe Religiöse Schriften, Erich Przywara Schriften I, Einsiedeln 1962.

S II

Religionsphilosophische Schriften, Erich Przywara Schriften II, Einsiedeln 1962.

S III

Analogia Entis. Metaphysik. Ur-Struktur und All-Rhythmus, Erich Przywara Schriften III, Freiburg im Breisgau 31996.

Sum

Was ist Gott? Summula, Nürnberg 1947.

2. SONSTIGE

ArchDPSJ

Archiv der Deutschen Provinz der Jesuiten in München.

DH

H. Denzinger, Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, Verbessert, erweitert, ins Deutsche übertragen und unter Mitarbeit von H. HOPING herausgegeben von P. HÜNERMANN, Freiburg im Breisgau 422009.

JHMTh/ZNThG

Zeitschrift für Neuere Theologiegeschichte/Journal for the History of Modern Theology.

ZfO

Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung.