Ansgar Hense

Matthias Pulte (Hg.)

Kirchliche Hochschulen und konfessionelle akademische Institutionen im Lichte staatlicher und kirchlicher Wissenschaftsfreiheit

4 MAINZER BEITRÄGE

ZU KIRCHEN- UND RELIGIONSRECHT

Ansgar Hense

Matthias Pulte (Hg.)

Kirchliche Hochschulen und konfessionelle akademische Institutionen im Lichte staatlicher und kirchlicher Wissenschaftsfreiheit

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Inhalt

Vorwort der Herausgeber

ADRIAN LORETAN

Wissenschaftsfreiheit und Wahrheitsanspruch am Beispiel der Theologischen Fakultäten der Schweiz

SEVERIN J. LEDERHILGER

Kirchliche Hochschulen & Katholische Universitäten in Österreich

STEPHAN DUSIL

KU Leuven und Tilburg University - Zwei katholische Universitäten in Belgien und den Niederlanden im Vergleich

MARTIN SCHULTE / BERT HERBRICH

Wissenschaftsfreiheit in Lehre, Forschung und akademischer Selbstorganisation - staatliches Recht

THOMAS MECKEL

Die Wissenschaftsfreiheit der Theologie - Kirchenrechtliche Konturen und Grenzen

MATTHIAS PULTE

Kirchliche Hochschulen & Katholische Universitäten im Spiegel des kirchlichen Arbeitsrechts - kirchenrechtliche Ausgestaltungen

ANSGAR HENSE

Einige Anmerkungen zum Arbeitsrecht an katholischen Hochschulen in Deutschland

MATTHIAS PULTE / ANNA-CHRISTINA SCHMEES

Was ist neu in der Apostolischen Konstitution Veritatis Gaudium über das katholische Hochschulwesen?

Anhang

Synopse der Apostolischen Konstitutionen Sapientia Christina und Veritatis Gaudium

Autorenverzeichnis

Vorwort

Der moderne religionsplurale und neutrale Staat Bundesrepublik Deutschland integriert das System Theologie nicht nur seit jeher in sein staatliches Universitätsangebot, sondern ermöglicht - nicht zuletzt abgesichert durch staatskirchenvertragsrechtliche Regelungen - auch ein kircheneigenes Angebot. Hierdurch gewährleistet der Staat wissenschaftliche Trägerpluralität. Gleichzeitig erwartet der Staat, dass dort Wissenschaft betrieben wird und wissenschaftliche Standards von Reflexion u.ä. eingehalten werden. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund Diskussionen über das Verhältnis der Theologen zum kirchlichen Lehramt1, haben das Zentrum für interdisziplinäre Studien zum Religions- und Religionsverfassungsrecht (ZIRR) Mainz und das Kanonistische Institut an der Universität Potsdam am 21. Oktober 2016 eine Tagung veranstaltet, die sich der Thematik kirchlicher Hochschulen und konfessioneller akademischer Institutionen im Lichte staatlicher und kirchlicher Wissenschaftsfreiheit zuwandte und deren Beiträge in diesem Band dokumentiert werden. Damit wird einerseits der Focus auf die grundgesetzlich gewährleistete Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) gelenkt, andererseits nicht aus den Blick verloren, dass, sofern es um religionsbezogene Wissenschaft(en) geht, auch das Dual von Freiheit und Wahrheit angesprochen wird. Gerade dieses Dual von Wahrheit und Freiheit ist Gegenstand einer aktuellen theologischen Grundsatzkontroverse.2 Plastisch hat der verstorbene Mainzer Bischof und langjährige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann in seinem Grundsatzreferat auf dem Fakultätentag am 31. Januar 2016 hinsichtlich der Theologie ausgeführt: „Weil und insofern das Evangelium Gottes eine Botschaft ist, von der ich für mich und andere überzeugt bin, gibt es Theologie. Ohne diesen Wurzelgrund des gelebten Bekenntnisses verliert die Theologie die Luft zum Atmen. Man kann sich dann religionsgeschichtlich um die historische Herkunft und die Entzifferung heiliger Schriften und anderer Dokumente kümmern, aber man treibt im strengen Sinn keine Theologie. Objektivität, Rationalität und kritische Grundeinstellung der Theologie als Wissenschaft werden durch diese ‚Bindung‘, wie noch zu zeigen sein wird, in keiner Weise zerstört. Hier ist ein grundlegender Unterschied zwischen Religionswissenschaft, die selbstverständlich ihren eigenen Sinn und ihre Berechtigung hat, und ‚Theologie‘, weil diese vom Anspruch der von ihr erkannten Wahrheit nicht getrennt werden darf.“ Wie kein anderer verkörperte Kardinal Lehmann das Bild eines engagierten, neugierigen Wissenschaftlers und Bischofs: Im Wirken des Bischofs kam immer wieder der passionierte, nachfragende Wissenschaftler zum Ausdruck, im Wissenschaftler die Verpflichtung des Treuhänders für den religiös-theologischen Ursprung der Botschaft.

Die Tagungsabfolge ging davon aus, dass ein rechtsvergleichender Blick in den europäischen Rechtsraum der Klärung und Profilierung gilt. Adrian Loretan, Autor einer grundsätzlichen Studie von „Wahrheitsansprüchen im Kontext der Freiheitsrechte“ (Zürich 2017) wendet sich den Schweizer Verhältnissen zu. Severin Lederhilger OPraem, Generalvikar des Bistums Linz, erschloss die österreichische Rechtslage, bevor sich Stephan Dusil (Leuven) der belgisch-niederländischen Situation zuwandte. Daran schließen sich rechtsgrundsätzliche Ausführungen zur kirchlichen und staatlichen Perspektive von Wissenschaftsfreiheit hinsichtlich kirchlicher Hochschuleinrichtungen von Thomas Meckel (Frankfurt a. M.) und Martin Schulte (Dresden) an. Die Tagung mündete dann in eine Beleuchtung der durchaus praxisrelevanten kirchenarbeitsrechtlichen Facetten durch Matthias Pulte (Mainz) und Ansgar Hense (Bonn/Potsdam). Die Referate wie auch die Diskussionen verdeutlichten die Spannungen und Kräfte, die es im wissenschaftlichen Feld kircheneigener Institutionen und institutioneller, aber auch organisatorischer Mechanismen auszutarieren und auszubalancieren gilt. Aus der Außenperspektive lebt die Vielfalt und Vielgestaltigkeit der Hochschullandschaft davon, dass es profilierte Wissenschaftsakteure gibt. Die Religionsbezogenheit bzw. die Katholizität als Leitidee ist eben immer auch eine Leitdifferenz.

Die kirchenarbeitsrechtlichen Beiträge sind zu Beginn des Jahres 2018 fertiggestellt worden und konnten insofern die jüngsten europäischen Tendenzen (EuGH-Urteil vom 17. April 2018, C-414/16 – Rs. Egenberger u.a.) leider nicht mehr berücksichtigen. Seit dem Ende der Tagung hat der Gesetzgeber das kirchliche Hochschulrecht mit der Apostolischen Konstitution Veritais Gaudium reformiert. Zugleich wurde das bestehende Recht an einigen Stellen modifiziert. Wir dokumentieren hier die Rechtsentwicklung mit einer Synopse von Sapientia Christiana und Veritatis Gaudium mit den zugehörigen Ordinationes. Ein erster Kommentar von Matthias Pulte und Anna-Christina Schmees erschließt zentrale Veränderungen in der Gesetzgebung, die nun zur akademischen Debatte gestellt werden.

Der Dank der Veranstalter und Herausgeber gilt vor allem den Referenten, Autorinnen und Autoren, die sich der thematischen Herausforderungen annahmen und ihre Überlegungen auch in die Schriftform überführten. Der Dank gilt darüber hinaus dem Mainzer Team des Seminars für Kirchenrecht und des Zentrums für interdisziplinäre Studien zum Religions- und Religionsverfassungsrecht (ZIRR) an der Johannes Gutenberg-Universität, die in vorbildhafter Weise Tagungsorganisation und -begleitung übernommen haben. Ohne den außerordentlich engagierten Einsatz von Theresa-Maria Braun, Julia Fink, Lisa Miethbauer, Katharina Schäfer, Anna-Christina Schmees und Sarah Seifen hätte der Tagungsband nicht realisiert werden können. Ihnen allen gilt unser besonders herzlicher Dank. Ohne die finanzielle Förderung der Tagung durch das Erzbistum Berlin, die Johannes Gutenberg-Universität Mainz und das ZIRR wären die Tagung und der Druck dieses Buches nicht möglich gewesen. Wir danken herzlich für die großzügige Unterstützung.

Mainz / Potsdam, im Mai 2018

Ansgar Hense und Matthias Pulte

1 Siehe dazu: Overbeck, Franz-Josef, Freiheit zur Theologie, in: Herder-Korrespondenz 3 (2016), 6; oder der Bericht über den Fakultätentag von Stefan Orth, in: ebd., 11f.

2 Vgl. Menke, Karl-Heinz, Macht die Wahrheit frei oder die Freiheit wahr? Eine Streitschrift, Regenburg 2017; als Replik Striet, Magnus, Ernstfall Freiheit: Arbeiten an der Schleifung der Bastionen, Freiburg im Breisgau 2018.